Rassistische Übergriffe von rechten Ultras in Jerusalem

Gewalt aus der Kurve

Vergangene Woche kam es in Jerusalem zu rassistischen Übergriffen von Fans des rechten Fußballclubs Beitar auf arabische Israelis. Der Verein leugnet die Angriffe, die Polizei zögert mit ihren Ermittlungen.

Als ein »beschämendes, schockierendes und rassistisches Ereignis« beschrieb der Geschäftsführer des Einkaufszentrums Malha in Jerusalem gegenüber der linksliberalen Tageszeitung Haaretz die Übergriffe nach einem Heimsieg des Erstligisten Beitar Jerusalem. Hunderte Fußballfans waren am Montagabend vergangener Woche in das Einkaufszentrum geströmt, wo sie rassistische Lieder sangen und »Tod den Arabern« riefen. Einige Fans belästigten und bespuckten Augenzeugenberichten zufolge drei arabische Frauen und deren Kinder. Als arabische Reinigungskräfte eingriffen, eskalierte die Situation. Die Reinigungskräfte versuchten, die Fans zu vertreiben, und drohten mit ihren Besenstielen. Daraufhin wurden sie von Dutzenden Fans angegriffen und geschlagen. Einige der Opfer sollen »gegen Schaufenster geworfen« worden sein, auf die zehn Opfer seien jeweils bis zu 20 Angreifer losgegangen. Einige Fans sollen in umliegenden Geschäften und Restaurants – erfolglos – nach Messern und Stöcken gefragt haben. Die spät eintreffende Po­lizei schaffte es nach 40 Minuten, die Angreifer wegzuschicken und das Einkaufszentrum vorzeitig zu schließen. Festgenommen wurde jedoch niemand, die Polizei ermittelte nicht. Begründet wurde das damit, dass die Opfer keine Anzeigen erstattet hätten. Erst nachdem am Freitag vergangener Woche Haaretz den Vorfall bekannt gemacht hatte und als die anderen großen Tageszeitungen nachzogen, nahm die Polizei die Ermittlungen »in alle Richtungen« auf und begann am Sonntag, die Aufnahmen der Überwachungskameras zu sichten.

Der Fußballverein erklärte unterdessen, dass es sich bei der Angelegenheit nur um eine Auseinandersetzung »zwischen einem Fan und einem Arbeiter« gehandelt habe. Ein Verantwortlicher von Beitar behauptete gar gegenüber Haaretz, »ein paar Fans« hätten nur einem Mann geholfen, der von einem Araber angegriffen worden sei. Diese Taktik ist nicht neu, regelmäßig gibt sich der Verein als Opfer, wenn vom Sportgericht wieder einmal eine Strafe wegen Fangewalt oder rassistischer Gesänge ausgesprochen wird. Bei­tar ist der Verein mit den meisten meldepflichtigen Vorfällen und Strafen, auch wenn der gesellschaftliche Rassismus natürlich auch bei anderen Vereinen nicht halt macht und rassistische Rufe in fast allen Stadien des Landes zu hören sind.
Die Fanbasis des traditionell rechten Vereins ist insbesondere nach der Etablierung der Ultra-Kultur in Israel durch die Gruppe La Familia radikalisiert worden. Das letzte Mal wurde über den Verein wegen rassistischer Fangewalt berichtet, weil etwa 20 seiner Fans arabische Reinigungskräfte im Stadion zusammengeschlagen hatten. Nun finden sich im Fanforum unter Zitaten aus einem in der Haaretz erschienenen Artikel zu den jüngsten Vorkommnissen Kommentare wie »Respekt an alle, die dabei waren«, »Wie es sich gehört – die Araber ficken« oder: »Sowas muss überall häufiger passieren (…), bis die Hurensöhne nach und nach tot sind.«

Früher als »Likud-Verein« mit besten Beziehungen zur Politik bekannt, bezieht sich der harte Kern der Fans von Beitar nun auf die rassistische Terrororganisation Kach bzw. Kahane Chai, die im Geist des 1990 ermordeten Ultranationalisten Meir Kahane die Deportation aller Araber aus »Großisrael« zum Ziel hat. Ein riesiges Kach-Wappen wurde bereits in der Fankurve entrollt, die Rufe »Tod den Arabern« werden bei Spielen mit lauter Popmusik übertönt. Das Management des Vereins hat noch nie in seiner Geschichte einen arabischen Spieler verpflichtet – einmalig in der israelischen Liga.
Der Verein und die Polizei können mit ihrer Taktik des Leugnens und Verzögerns dem öffentlichen Druck kaum standhalten. Einige Knesset-Abgeordnete meldeten sich bereits zu Wort, NGO und viele Kommentatoren äußerten scharfe Kritik – am »Rassismus des Vereins« und am Vorgehen der Polizei. Der Polizeikommandant des ­Distrikts Jerusalem ordnete schließlich umfangreiche Ermittlungen und eine interne Untersuchung an. Die Resultate bleiben abzuwarten.