Die Folgen des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens

Mit Trolley zum Après-Ski

Trotz des neuen Steuerabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz müssen deutsche Anleger keine Angst vor Steuerfahndern haben.

Kommt die Kavallerie oder bleiben die Pferde im Stall? Der Steuerstreit zwischen den deutschen und Schweizer Behörden hat erhebliche Aufregung produziert. Die Berner Justizbehörden wollen drei deutsche Steuerfahnder verhaften lassen, weil sie »nachrichtliche Wirtschaftsspionage« betrieben und gegen das Bankgeheimnis verstoßen hätten. Seit Jahren versuchen die deutschen Finanzbehörden, Schwarzgeldkonten in der Schweiz aufzuspüren. Es ist noch nicht lange her, dass der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) gedroht hat, die »Kavallerie loszuschicken«, sollten die Schweizer nicht endlich die Daten preisgeben. Nun revanchieren sich die Berner Behörden.
Zumindest die Boulevard-Blätter zeigen sich begeistert. Während sich die Bild-Zeitung ausmalt, wie deutsche Finanzbeamte beim Skifahren festgenommen werden, spekuliert ihr Schweizer Pendant Blick darüber, ob nicht der nordrhein-westfälische Finanzminister hinter Schloss und Riegel gehöre. Schließlich hatte er die Fahnder beauftragt, die CDs mit Daten über deutsche Steuersünder zu erwerben. Tatsächlich bietet der Streit allen Beteiligten die Gelegenheit, sich gefahrlos zu profilieren. Die Sozialdemokraten präsentieren sich als Verteidiger der hart arbeitenden Mehrheit gegen eine kleine kriminelle Minderheit. Wer sein Geld am Finanzamt vorbei in der Schweiz deponiere, handele »nicht nur asozial, sondern er ist ein Straftäter in Deutschland«, wetterte Sigmar Gabriel. Die Behörden in Bern wiederum betonen patriotisch, dass sie nur den Landesgesetzen verpflichtet seien und deshalb handeln müssten. Einen einfacheren Fall werden die eidgenössischen Beamten wohl selten vorgesetzt bekommen. Dass die Haftbefehle jemals vollstreckt werden, ist unwahrscheinlich. Zudem macht das gerade ausgehandelte Steuerabkommen solche Konflikte künftig überflüssig. So kann die Schweizer Bourgeoisie ihren deutschen Klienten noch guten Willen demonstrieren, weil sie deren Steuerprivilegien zumindest symbolisch verteidigt. Das weiß auch Finanzminister Wolfgang Schäuble, der viel Verständnis für die Schweizer Justiz zeigt. Er kann sich nun rühmen, entschlossen gegen die Steuerflucht vorzugehen, ohne wirklich jemandem weh zu tun. Das neue Steuerabkommen sieht eine Pauschalabgabe von rund 26 Prozent auf alle Kapitalanlagen vor. Mit dem Abkommen will Schäuble die Steuerflucht künftig unterbinden und zugleich zumindest einen Teil der Abgaben nachträglich eintreiben. Bis zu 180 Milliarden Euro aus Deutschland sollen Schätzungen zufolge unversteuert in der Schweiz gebunkert sein.
Allzu sehr werden sich die deutschen Anleger vor den Steuerfahndern aber nicht fürchten müssen. Falls das Abkommen wie geplant Anfang 2013 in Kraft tritt, haben sie noch genügend Zeit, ihre Einlagen in Sicherheit zu bringen. Es ist aber gut möglich, dass der Entwurf im Bundesrat an den Stimmen von Grünen und SPD scheitert. Bis es dann zu einer Einigung kommt, dürfte noch mehr Zeit verstreichen. Opfer sind also kaum zu erwarten. Nur die Finanzbeamten aus Nordrhein-Westfalen werden ihren nächsten Winterurlaub wohl nicht in den Berner Alpen verbringen können. Sie sind gerade dabei, das nächste Datenpaket aus der Schweiz zu kaufen.