Fähig, Dinge zu erledigen

Es gibt Männer, die brüten lange vor sich hin, bevor sie der Welt vortragen, was endlich mal gesagt werden muss über die Juden, die Migranten, die Frauen oder andere dubiose Bevölkerungsgruppen, die den Weltfrieden gefährden, den Untergang des Abendlandes herbeiführen oder einfach nur zu frech sind. Man nennt sie Tabubrecher. Es gibt aber auch Männer, die drauflosschwatzen und dann erstaunt sind, dass man sich über sie aufregt. Für sie gibt es keinen Fachbegriff, man könnte sie aber Ecclestoneianer nennen. Denn Bernie Eccle­stone, der Geschäftsführer der Formel-1-Holding, ist ein Prachtexemplar dieser Spezies. Frauen? »Sollten weiß gekleidet sein wie alle anderen Haushaltsgeräte.« Juden? »Haben überall viel Einfluss.« Hitler? »Abgesehen von der Tatsache, dass Hitler mitgerissen und überredet wurde, Dinge zu tun, von denen ich nicht weiß, ob er sie tun wollte oder nicht, konnte er viele Menschen führen und war fähig, Dinge zu erledigen.« Demokratie? »Ein guter Diktator ist besser für ein Land.«
Es ist daher kein Wunder, dass Ecclestone, ungeachtet andauernder Proteste der Demokratiebewegung, darauf besteht, das Formel-1-Rennen am kommenden Sonntag in Bahrain stattfinden zu lassen. Denn für ihn dürfte Bahrain ein Paradies sein. Viele Patriarchen teilen dort seine Ansicht, dass Frauen so etwas wie zweibeinige Haushaltsgeräte sind. Wenigstens dort haben Juden nicht viel Einfluss. Die arabischsprachige Ausgabe von »Mein Kampf« wird in den Buchhandlungen verkauft. Man kann sich also frei darüber informieren, was der Führer wirklich wollte, muss aber nicht befürchten, von Störenfrieden behelligt zu werden, denen gestattet wird, ihre Stimme gegen große Männer zu erheben. Denn König Hamad bin Isa bin Salman al-Khalifa ist fähig, Dinge zu erledigen. Und Oppositionelle. Das werden seine Polizisten, Geheimdienstler und Soldaten bis zum kommenden Sonntag mit besonderem Eifer tun, denn Ecclestone besteht darauf, dass die Sicherheit der Veranstaltung gewährleistet wird. Die Opposition aber fordert die Absage des Rennens und hat Proteste angekündigt. Jegliche Störung wäre eine Blamage, für den Diktator der Insel wie für den Diktator der Formel 1. Doch während in der ara­bischen Welt unzählige Menschen gegen die Diktatoren kämpfen, lässt der Frühling in der Welt des Motorsports auf sich warten. Weltmeister Sebastian Vettel wehrt alle Fragen ab: »Bahrain ist erst in einer Woche.« Warum sollte man sich da jetzt schon Gedanken über Morde und Folterungen machen, die man mitzuverantworten hat? »Das Verwirrende war die Unsicherheit, aber jetzt ist für alle geklärt, dass es in der kommenden Woche ein Rennen in Bahrain geben wird«, sagte Vettels Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Ganz unrecht hat Ecclestone also nicht, wenn er meint: »Die Menschen brauchen jemanden, der für sie entscheidet.« Auf seine willigen Fahrer und Mitarbeiter trifft das offenbar zu.