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Irgendwann haben wir wohl einfach damit angefangen, die Küche der Jungle zu meiden. Zumindest brauchten einige von uns etwas länger, um festzustellen, dass die Berge von schmutzigem Geschirr plötzlich verschwunden waren. Tatsächlich gibt es in der Redaktion mittlerweile nicht nur Kaffee, sondern sogar wieder Tassen, aus denen man ihn trinken kann. Dass wir allerdings nicht einmal die Lieferung der eigentlich sehnlichst erwarteten Spülmaschine bemerkt haben, ist beunruhigend. Wir kriegen so einiges nicht mit. Beispielsweise ist vielen von uns die Girlande, die an der Decke der Küche baumelt, erst aufgefallen, als die Spülmaschine gerade den Geist aufgegeben hatte und man dazu genötigt war, auf der Suche nach benutzbarem Geschirr den Raum gründlich zu inspizieren. Die Girlande hängt dort seit Weihnachten, wie ­jemand in Erfahrung brachte. Aufgefallen ist sie uns kurz vor Ostern. In der vorigen Woche wurde an dieser Stelle berichtet, hier sehe es aus, als befinde man sich in einer Hardcore-Kiffer-Punk-WG. Das mag schon sein, aber leider fehlt uns deren entspannte, schläfrige Lässigkeit. Man könnte manchmal fast den Eindruck gewinnen, dass mittlerweile auch bei uns der Stress der modernen Arbeitswelt Einzug gehalten hat. Vom vielgerühmten Hedonismus war in den letzten Wochen zumindest nicht viel zu spüren. Man sprintet über die Flure der Redaktion, nickt sich höchstens mal flüchtig zu oder rennt sich beim hektischen Abbiegen in den Produktionsraum über den Haufen. Die Telefone bimmeln, die Rechner surren, die Produktion muss vorangehen. Bei Berichten über die moderne Arbeitswelt wird in den Medien nur selten auf die Metapher vom »Hamster im Rad« verzichtet. Eine Redakteurin hat kürzlich von wohlmeinenden Freunden einen leibhaftigen Hamster geschenkt bekommen, obwohl sie nie bekundet hat, einen solchen haben zu wollen. Mittlerweile ist sie für das Geschenk ganz dankbar. Pünktlich um acht Uhr abends beginnt ihr Hamster mit leerem Blick unermüdlich seine Runden im Hamsterrad zu drehen, Pausen legt er nur ein, um hektisch in seiner Hütte zu kramen. Spätestens, wenn die Metapher im eigenen Wohnzimmer haust, weiß man, so ein Hamsterleben wünscht man sich wirklich nicht.