Da muss Salz ran

Um das prekäre Leben geht es an dieser Stelle überwiegend, also meist um erbärmliche Kontostände. Das zweite Wort des Kolumnentitels kommt hingegen immer zu kurz. Dabei stellt sich die entscheidende Frage zurzeit nicht am Bankautomaten, sondern am Medikamentenschränkchen: weiterhin den Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer schlucken oder es nach zwölf Jahren mal zur Abwechslung mit einer Lithiumtherapie versuchen? Für die unbeschwerten Gutelaunebärchen unter uns ist wohl eine kurze Erklärung nötig: Ein solcher Wiederaufnahmehemmer sorgt auf chemischem Weg dafür, dass die Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin im Körper nicht so schnell abgebaut werden, was depressiven Menschen deutlich bessere Laune und größere Entspannung verschafft. Eine Lithiumtherapie bewirkt Ähnliches, wobei bislang wissenschaftlich nicht geklärt ist, was genau die Lithiumsalze im Körper anstellen. Jedenfalls wurde in einer Studie der Medizinischen Universität Wien aus dem Jahr 2011 Faszinierendes festgestellt: Je höher der Wert an Lithiumsalzen im Trinkwasser einer Stadt ist, desto geringer ist dort die Suizidrate. Gut gesalzene Depressive leben länger. Ein fälschlicherweise häufig als Gegenbeispiel angeführter prominenter Fall sollte nicht abschrecken: Zwar sang Kurt Cobain 1991 den Song »Lithium«, war offenbar depressiv und erschoss sich 1994. Einer Lithiumtherapie hat er sich aber nie unterzogen. Es spricht also nichts gegen eine therapeutische Prise Salz zur Abwechslung. Der immergleiche Trott drückt schließlich nur die Stimmung.