Eine Karriere für den Frieden

Wie nachlässig die professionellen Anbieter sogenannter Geschäftsideen arbeiten, zeigt sich allein schon daran, dass eine Verdienstmöglichkeit vollkommen ausgeklammert wird. Dabei kann »international renommierter Friedensforscher« nun wirklich jeder. Zwar wären Vorkenntnisse und Titel von Vorteil, aber im Grunde muss man nur ein paar wichtige Regeln verinnerlichen: Die USA sind böse, Israel ist böse, und die höchste Pflicht der Opfer ist es, sich mit den Tätern zu versöhnen. Schon kann es losgehen mit den Anträgen auf Förderung und der großen Karriere.
Aber was, wenn einer derjenigen, die über den Business-Plan zu entscheiden haben, einwendet, international renommierter Friedensforscher sei gar kein anerkannter Beruf und außerdem komme man mit derartigen Aussagen weder zum ersehnten Erfolg noch ins Fernsehen? Kein Problem, denn es gibt ja Johan Galtung. Der mittlerweile 82jährige Norweger hat schließlich einen Großteil seiner Karriere damit verbracht, unter Anwendung der oben genannten Regeln bejubelte Statements zu erstellen. Im Jahr 2010 etwa bezeichnete er die Verleihung des Friedensnobelpreises an den chinesischen Menschenrechtler Liu Xiaobo als frevelhafte »Unterstützung für die Amerikanisierung Chinas«. Das führte in der norwegischen Zeitung Dagbladet unter dem Titel »Moralischer Striptease« zu einer heftigen Kritik an Galtung, die mit dem Satz endete: »Und was wird Galtung als nächstes tun? Eine Solidaritätserklärung für Mugabe veröffentlichen, weil der ja Antiimperialist ist?«
Das Dagbladet irrte: Der »renommierte Friedensforscher« fiel am 30. September vorigen Jahres mit seinen »Ti teser om 22. juli«, zehn Thesen über Anders Breiviks Taten, auf. Zahlreiche Autoren der großen norwegischen Tageszeitungen wiesen Galtung Antisemitismus nach – und der konterte nun Ende April in der Zeitschrift Humanist mit einem Artikel, in dem es unter anderem hieß, 96 Prozent aller Medien weltweit würden von jüdischen Unternehmen kontrolliert. Eine frei erfundene Angabe, und der Text ist zu großen Teilen aus dem judenfeindlichen Pamphlet »Who rules America?« der ehemals größten Naziorganisation der USA, der National Alliance, abgeschrieben, wie man beim Humanist kurz darauf herausfand. Bislang habe Galtung als jemand gegolten, der mit dem Feuer spiele, schrieb Redakteur Didrik Søderlind vorige Woche. »Nun ist er endgültig zum Brandstifter geworden.«