Sarkozys Abwahl und die Euro-Politik

Ziemlich beste Freunde

Der neue französische Präsident François Hollande ist kein Widersacher von Angela Merkel.

Er ängstigt die Börsen, ruiniert den Euro und treibt die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Verzweiflung. Mit immer neuen Schreckensnachrichten wurde in den vergangenen Wochen der französische Präsidentschaftskandidat François Hollande bedacht. Der britische Economist kürte ihn sogar zum »ziemlich gefährlichsten Mann« in Europa. Aber es ist wahrscheinlich, dass Hollande solche Erwartungen enttäuschen wird: Weder ist er Merkels Widersacher in Europa, noch die Avantgarde des Sozialismus. Der frisch gekürte Präsident hatte zwar während seines Wahlkampfs Merkels Sparpolitik heftig kritisiert und bekundet, den Fiskalpakt neu verhandeln zu wollen. Tatsächlich unterscheidet sich Hollande in der Methode von seinem Vorgänger im Elysée-Palast, nicht aber im Ziel. Während Nicolas Sarkozy den Haushalt vor allem über Kürzungen sanieren wollte, plant Hollande, die Steuern anzuheben. Auch er hält daran fest, bis 2013 die Neuverschuldung unter die erlaubten drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken. Ob sozialdemokratisch oder konservativ, den Katechismus der Haushaltsdisziplin werden die Eliten an der Macht nicht in Frage stellen. Schließlich drohen Frankreich weitere Herabstufungen durch die Rating-Agenturen, falls die Staatschulden weiter steigen. Zudem will Hollande Merkels Fiskalpakt nicht etwa umstürzen, sondern durch »Wachstumselemente« ergänzen. Doch Forderungen nach einer aktiveren Rolle der Europäischen Zentralbank oder nach Euro-Bonds sind Merkel auch von ihren früheren französischen Partnern hinlänglich bekannt. Mittlerweile sind die Chancen allerdings gestiegen, dass eine Regierung in Paris diese Anliegen auch realisieren kann. In fast allen Staaten der Euro-Zone wurden die Regierungen, die sich der deutschen Fiskalpolitik verpflichtet haben, abgestraft oder stehen unter Druck. Merkels Politik ist in Europa nicht mehr einfach durchsetzbar.
Dass Sparen um jeden Preis nicht erfolgreich ist, hat sich mittlerweile sogar an den Finanzmärkten herumgesprochen. So hat die Ratingagentur Standard & Poor’s kürzlich Spaniens Kreditwürdigkeit herabgestuft. Als Grund gab sie an, dass die »frühzeitige Umsetzung« des »Sparpakets« der konservativen Regierung in Madrid das Wachstum zu sehr belaste. Auch in Portugal, Griechenland und Italien verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage dramatisch. Vielleicht stößt auch die Bundesregierung bald an ihre Grenzen. Bislang hat sie von der Schwäche der anderen Euro-Staaten zumindest indirekt durch die historisch niedrigen Zinssätze für deutsche Staats­anleihen profitiert. Damit könnte es bald vorbei sein, wenn sich immer mehr EU-Staaten in einer Rezession befinden. Nach wie vor exportiert Deutschland den überwiegenden Teil seiner Waren in Staaten der Euro-Zone. Geht das Wachstum in Europa zurück, bekommt das Deutschland ­irgendwann zu spüren. Und möglicherweise befindet sich Merkel dann gerade im Wahlkampf.
Vielleicht kommt eine keynesianische Politik, wie Hollande sie vertritt, der Kanzlerin sogar entgegen. »Nie ist in Frankreich ein derart gemäßigter Sozialdemokrat zur Wahl angetreten«, bemerkte die britische Financial Times. Und dass die deutsche Kanzlerin mit Sozialdemokraten gut regieren kann, das hat sie ja längst bewiesen.