Ist das Laminat?

Eigentlich hatte man gedacht, es sei eine ausgesprochen erwachsenene Entscheidung, die Wahl der Wohnung nicht länger von der Beschaffenheit des Bodenbelags abhängig zu machen. Mit anderen Worten: Man fand, die Zeit sei reif, sich für eine praktische Neubauwohnung am Stadtrand zu entscheiden, deren Nachteil natürlich ist, dass sie keinen Holzboden hat. Dennoch fand man, dass die citynahe Altbauwohnung mit den abgezogenen Dielen mittlerweile völlig überschätzt werde und der sogenannte Neubau auch seine Reize habe. Wozu gibt es schließlich Laminat?
Das Verlegen in der neuen Wohnung war dann kein Spaß, aber mit dem Ergebnis war man hochzufrieden. Man lebt jetzt praktisch wieder im Altbau mit Holzfußboden. Nur sehr viel billiger. Ein bisschen gereizt reagiert man allerdings, wenn Freunde mit Stuckwohnung und Parkett zu Besuch kommen und mit gesenkter Stimme fragen: »Ist das Laminat?«
Im Baumarkt hatte man uns gesagt: »Sie müssen das Laminat schwimmend verlegen. Auf die Dehnungsfuge achten. Das Holz arbeitet noch.« Arbeitendes Holz, das hörte sich gut an.
Eine fachkundige Freundin zerstreute alle Illusionen: »Es ist fotografiertes Holz.«
Vernichtender konnte das Urteil über den Boden gar nicht ausfallen. Unser Laminat soll das neue Arschgeweih sein, ein Symbol des gesellschaftlichen Niedergangs? Man lebt auf einem Unterschichtensymbol, auf einem Bodenbelag, der so verachtungswürdig ist wie Analogkäse? Aber wisst ihr was, Parkettfetischisten? Es ist okay!