Schlagen der Linkspartei Wege aus der Krise vor

Das Ende des Elends

Von den Wählern abgestraft, vom Führungsstreit zerfressen – wie soll es nur weitergehen mit der Linkspartei? Unsere Expertinnen und Experten für Leadership Development und Human Ressources weisen der Partei den Weg aus der Krise.

Leftyvision
Das Problem der Linkspartei liegt darin, dass sie, wie es in schmierigstem Politsprech heißt, »die Menschen nicht erreicht«. Sie sollte sich daher vom Eurovision-Trällerwettbewerb inspirieren lassen, wo sich Jahr für Jahr lernen lässt, wie man mit noch so belanglosen Inhalten und noch so peinlichem Auftreten ein Millionenpublikum begeistert. Die Kandidaten für den Vorsitz treten also nicht mehr mit schmutzigen Methoden wie Interviews und Presseerklärungen gegeneinander an, sondern in einem fairen öffentlichen Wettbewerb auf der Showbühne. Statt die beleidigte Leberwurst zu geben, könnte Oskar Lafontaine mit dem Smash-Hit »Ich hab mein Hartz in der Sperrzeit verloren« vor allem in Ostdeutschland Boden gutmachen. Sahra Wagenknechts Interpretation von Abbas marxistischer Kapitalismusanalyse »Money, Money, Money« dürfte stürmischen Applaus vom linken Parteiflügel ernten. Für alle übrigen Kandidaten schreibt Diether Dehm, der Ralph Siegel des demokratischen Sozialismus, schnell noch ein paar Liedchen, und wenn das Gesinge dann noch als Spendengala für Griechenland auf der Akropolis ausgetragen wird, sollte dem Erfolg der Linkspartei nichts mehr im Wege stehen. Positive Nebeneffekte: Die null Punkte aus Israel wären ein schwerer Schlag für den anti­imperialistischen Flügel. Und man müsste das Ganze nur einmal im Jahr ertragen.
Svenna Triebler
Flirrende Exotik
Man muss sie sich ja nur anschauen: Lötzsch, Ernst, Gyfontaine und Co. – graue, verstaubte Gestalten, die so viel Modernität ausstrahlen wie ein im Keller gefundener Aktenordner, in dem jemand, als es noch Thermopapierfaxe gab, Thermopapierfaxe abgeheftet hat. Die Linke braucht jetzt aber eine Führungspersönlichkeit, die für flirrende Exotik steht, die Sex mit Seriosität verbindet, die aus dem Stegreif über mehrere Stunden begeisternde Reden halten kann, statt ihr ohnehin nur noch mühsam aus dem Ohren­sessel zu wuchtendes Publikum schon nach zehn Minuten ins Wachkoma zu haspeln, die für Meinungsfreiheit steht und modisch voll auf der Höhe der Zeit ist. Gibt’s nicht? Gibt’s doch! Fidel Castro! Der hat doch Zeit inzwischen, und verglichen mit dem derzeitigen Personal der Linken sprüht der Mann vor Energie und Lebenskraft. Die Adresse ist ja bekannt, den Ernennungsbrief kann zur Not auch irgendeine Maschine aufsetzen und unterschreiben, und schon kann er losgehen, der Aufbruch in die neue Zeit!
Heiko Werning
Mal wieder fusionieren
Vor fünf Jahren half der PDS eine Fusion mit der WASG aus der Orientierungslosigkeit. Das lässt sich wiederholen. Themen, welche die Wähler der »Linken« beschäftigen, beackern schließlich auch andere. Dank einer Vereinigung mit der Anarchistischen Pogopartei Deutschlands (APPD) oder der Partei »Die Partei« könnte sich die Linkspartei neue Wählerschichten erschließen. Die inhalt­lichen Überschneidungen sind groß: Das bedingungslose Grundeinkommen fordert die APPD schon lange. Die Veränderung der Gesellschaft, welche die »Linke« anstrebt, könnte mit der Pogopartei viel leichter vermittelt werden, denn diese fordert eine »lustvolle« Umgestaltung. Und »Die Partei« hat mit der Idee einer baulich abgetrennten Sonderwirtschaftszone Ost eine Lösung für den Ost-West-Konflikt parat. Nicht zuletzt sind auch bei diesen Parteien Männer deutlich überrepräsentiert. Eine weibliche Doppelspitze würde Wählerschaft und Mitglieder überfordern – sinnvoller wäre es, ein Duo aus dem unbekannten Affen der APPD und Martin Sonneborn aufzustellen.
Claire Horst
Ein Transfer muss her
Seit Sahra Wagenknecht nicht mehr »von der Kommunistischen Plattform« ist, sondern »die Lebensgefährtin von Oskar Lafontaine«, nicht mehr in der Konkret schreibt, aber Fotostrecken in der Süddeutschen Zeitung füllt, scheinen sich die politischen Parameter in der Linkspartei arg zu verschieben. Die »Linke« hatte mal Lafontaine, mit dem gab es richtig Prozente bei Wahlen. Aber die ostdeutschen Sektionen mögen ihn nicht. Deshalb wird es nun nichts mit den Wahlergebnissen, die Partei wird untergehen mit ihren ganzen No-Name-Gesichtern. Klar ist Lafontaine von der CIA gemobbt worden! Aber man muss auch fragen: Wenn er schon vor so schillernden Gesellen wie Bartsch, Lederer und Gallert kneift, wie will er da linke Politik im Kapitalismus durchsetzen? Nun geht Lafontaine auf die 70 zu, war auch schon schwer krank, hat schon Frauen und ganze Parteien verlassen – Sozialismus ist eine schwierige und langwierige Angelegenheit. Wäre er Parteivorsitzender geworden, dann einer des alten Typs. Aber hätte er die Partei der Zukunft auch in 50 Jahren noch so locker lenken können? Deshalb, liebe Linkspartei, mach’s wie der Fußball oder das Finanzkapital: Geh’ im Ausland shoppen! Schnapp’ dir doch den Tsipras aus Griechenland. Der ist vom Fach und macht in der Politik eine tolle Figur! Und das Schnitzelessen hat neulich auch schon geklappt.
Jürgen Kiontke
»Die Rechte« und »Die Dumme«
Wofür braucht die »Linke« eigentlich eine Führung? Dass die beim derzeitigen Machtkampfspektakel virulente und gleichwohl rhetorische Frage politischer Kritik nicht gestellt wird, beantwortet sie: weil diese Partei beansprucht, die Linke zu sein, und nicht umgekehrt die Linke versucht, Partei zu sein. Hier geht es um eine hierarchisch-autoritäre Institution innerhalb des Staatsapparates, diesem loyal verpflichtet, wie jedes Unternehmen in diesem System: die »Linke« als Firma im Staatsbetrieb. Die Führungsfrage steht gar nicht politisch zur Debatte, sondern nur als Personalfrage. Tatsächlich fehlt der »Linken« ja nicht die Führung, sondern die Führungsspitze. Sachlich ist das nicht mehr als ein Problem des Managements. Dass dies auch bei der »Linken« aufgeladen wird mit der Metapher vom »Machtkampf«, konterkariert einmal mehr die Politik, für welche die »Linke« zu stehen beansprucht, wenn es nicht ohnehin schon diejenigen tun, die bei diesem Machtkampf mitmischen: Mit Oskar Lafontaine hätte sich die Partei getrost in »Die Rechte« umbenennen können, mit Katja Kipping in »Die Dumme«. Nachdem das einzige abgeworfen worden ist, was innerhalb des parlamentarischen Spektrums noch sympathisch klang, nämlich Partei des demokratischen Sozialismus zu sein, heißt sie aber eben »Die Linke«, in nicht nur typographisch grotesken Majuskeln, auf dem »i« ein rotes Dreieck: Inspiriert von El Lissitzkys Plakat »Schlagt die Weißen mit dem roten Keil«, symbolisiert es heute eben die Führungsspitze.
Roger Behrens
Lieber Gänseblümchen
Ist schon mal jemandem aufgefallen, dass sich noch nie ein Buddhist öffentlich gewünscht hat, als irgendeine Partei wiedergeboren zu werden? Gut, das könnte auch ein bisschen schwierig werden, aber andererseits ist es sicherlich auch nicht einfach, eine Reinkarnation als, sagen wir: Gänseblümchen derart vorauszuplanen, dass man nicht gleich im Stadium des Pflanzenembryos von irgendeinem bösartigen Pony totgetrampelt oder von einem gemeinen Kleinkind aufgegessen wird.
Woraus folgt: Eine Partei zu sein, ist nullstens erstrebenswert. Zum einen, weil sie aus Menschen besteht, und Menschen machen dauernd Ärger. Wie übrigens auch Wähler, die ständig irgendwas wollen und extrem gut im Übelnehmen sind. Plus die Wahlen. Machen wir uns nix vor: Opposition zu sein, rockt gar nicht, Regieren aber auch nicht, jedenfalls nicht, wenn man auf Koa­litionspartner angewiesen ist, die einen zu scheußlichen Kompromissen zwingen, was wiederum diese Wählerbiester böse macht, woraufhin man wieder jahrelang nutzlos in der Opposition herumsitzen muss – oder sogar überlegen, wie man beim nächsten Mal wieder ins Parlament kommt. Mit anderen Worten: Gänseblümchen zu sein, ist schon besser. Jedenfalls irgendwo auf einem hübschen Stück Rasen ohne Ponys.
Elke Wittich
Bumsfallerakommunismus
Den Nationalbolschewisten, dessen Ausschaltknopf kaputt war, ist man zwar vorerst los, aber will man das, was einmal die stolze Partei der nimmermüde kämpfenden Arbeiterklasse war, tatsächlich einem blassen, ausgezehrten Buch­halter aus der Ostzone oder gar – nicht auszudenken! – zwei extremdemokratischen, Hosen tragenden Flintenweibern überlassen? Dreimal Nein, Nein, Nein! Dabei läge der perfekte Parteivorsitzende so nahe: Diether Dehm, der potente Mittelstandsextremist und junggebliebene Greis mit dem unwiderstehlichen Skilehrercharme, soll’s machen! Mit kulturfeindlichen Apparatschiks mit schmutzigen Fußnägeln und ohne jede Ehre im Leib lassen sich vielleicht Hinterzimmerkeilereien gewinnen, nicht aber Wahlen! Dehm aber ist ein anderes Kaliber!
1. Er hat ein Gewissen: Mit dem SPD-Milieu, dem er während eines kurzen Anfalls geistiger Umnachtung (1965–1998) angehörte, hat er knallhart gebrochen. Heute ist der steinreiche, erfolgreiche Unternehmer ein lupenreiner Bumsfallera­kommunist.
2. Er ist Künstler und Kulturmensch: Als Poet verfasste der supersmarte Top-Dichter unsterbliche Verse von niederschmetternder Schönheit und Wahrhaftigkeit (»Das Telefon schweigt wie gefrorenes Holz«), deren öffentlicher Vortrag in Nullkommanichts die Volksmassen bezaubert.
3. Er hat Ausstrahlung: Die sonnengebräunte Charismaschleuder mit dem gewinnenden Lächeln und der prächtigen Vollerektion kennt seit Jahren die Gesetze des rastlosen Kampfes für eine bessere Welt. Außerdem: Im Gegensatz zu anderen kennt der Mann sich fraglos mit all diesen nervigen Politiksachen aus: Er respektiert unser seit Jahrzehnten bewährtes Staatswesen, die Demokratur, und weiß hundertprozentig Bescheid über die kleinen, aber feinen Unterschiede zwischen Hitler, Stalin und Kristina Schröder. Da macht ihm keiner so schnell was vor. »D. D.«, wie seine engsten Freunde ihn liebevoll in Anspielung auf einen anderen legendären Kommunistenführer (Dagobert Duck) nennen, muss die Linke zum Sieg führen!
Thomas Blum