Bienenstich gegen rechts

Hamburg feiert. 10 000 Menschen sind auf den Rathausmarkt gekommen, um »Farbe zu bekennen«. Es gibt Kaffee und Kuchen für die Älteren und eine Hüpfburg für die Jüngeren. Eine Bluesband singt »It’s alright«, und die Menge schaukelt in bester Hitparaden-Manier mit. Einige Redner – unter ihnen auch Harry Rowohlt – halten Vorträge über die Wichtigkeit von Bunt und die Gefährlichkeit von Braun. Was war noch einmal der Anlass für das Volksfest? Ach ja, 15 Kilometer von dem Spektakel entfernt, das unter der Schirmherrschaft von Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) stattfindet, wollten die Nazis mit einer Demonstration für ihren »Tag der deutschen Zukunft« den biederen Stadtteil Wandsbek in Angst und Schrecken zu versetzen. Wer ein Zeichen gegen Nazis setzen will, sollte eigentlich auch dafür sorgen, dass die Nazis davon Kenntnis nehmen. Auf dem Rathausmarkt sind keine Nazis in Sicht. 4 000 Menschen begnügen sich nicht damit, eine bunte Karte als Zeichen gegen Rassismus in den Himmel zu recken und dabei auszusehen wie eine Karnevalsgesellschaft. Sie haben sich entlang der Demonstrationsroute postiert, um den Nazis den Weg abzuschneiden. Neben »Raven gegen Nazis« gibt es einen Wagen, dessen Banner verspricht, man werde die Rechten »wegbassen«. Bei Bier und Joints wird sitzend geschnackt. Alles sei total »peacig«, heißt es unter den Demonstranten des Bündnisses »Hamburg gegen rechts«. Daneben gibt es: brennende Müllcontainer, zwei Autos in Flammen, eine verwüstete Baustelle, geworfene Flaschen und Steine. Knapp 500 Autonome sorgen dafür, dass die Polizei einschreitet. Als gebe es keine Möglichkeiten, den Naziaufmarsch wegen Sitzblockaden und Gefahrenlage abzusagen, geben die Einsatzkräfte alles, um ihn durchzuboxen: Knüppel krachen auf Schultern und Schädel, aus den Wasserwerfern kommt ein Wasser-Tränengas-Mix. Dennoch kommen die 700 Nazis nur einige hundert Meter weit. Mit bunten Karten bei Kaffee und Kuchen hätte das nicht geklappt.