Die Piratenpartei will Frieden

So friedlich wie ein Schützenverein

Die Piratenpartei versucht, sich ein prägnanteres politisches Profil zu geben. Die Ergebnisse sind grotesk.

Um gewichtige Worte bemüht, befasst sich die AG Friedenspolitik der Piratenpartei mit, richtig: dem Frieden. Und während die Mitglieder internationale Papiere studieren, sieht man sie vor sich, die verhinderten Außenminister und Bundeskanzler und UN-Generalsekretäre, wie sie an einem sonnigen Sommertag in einer geräumigen Limousine durch die Freie Republik Palästina fahren und die Ovationen der Massen entgegennehmen.
Denn der AG Friedenspolitik geht es nicht, wie der Name vermuten lässt, um Lösungsmöglichkeiten für die über 30 bewaffneten Konflikte auf dieser Welt, sondern um Israel. Und darum, wie man den Palästinensern zu einem eigenen Staat verhelfen und den Iran vor einem angeblich drohenden Angriff schützen kann. Die »Friedens­piraten«, wie sich die Mitglieder der AG nennen, arbeiten zu diesem Zweck mit Experten zusammen, beziehungsweise die Interviewliste des islamistischen Portals »Muslim-Markt« ab. Dem vom Rundfunk Berlin-Brandenburg entlassenen Moderator Ken Jebsen schickte die AG Einladungen, in denen sie sich über die »unsäglichen Behauptungen Broders« mokierte. Henryk M. Broder hatte eine E-Mail Jebsens mit antisemitischem Inhalt veröffentlicht, was letztlich zur Absetzung von dessen Sendung führte. Der Verschwörungstheoretiker Christoph Hörstel wurde von der AG einstimmig als »Syrien-Experte« akzeptiert.
Die erst im April gegründete AG geht zielstrebig vor, innerhalb weniger Wochen produzierte sie zahlreiche Arbeitspapiere und knüpfte Kontakte zu anderen Arbeitsgemeinschaften wie der von rechten »Zinskritikern« durchsetzten »Wirtschaftsgruppe«. Eine Aussage zur »Friedenspolitik im Inneren« aus dem kürzlich erarbeiteten Entwurf eines Grundsatzpapiers dürfte auch die Zustimmung der AG Waffenrecht finden: »Die Piratenpartei behält sich militärische Gewalt als Mittel der Selbstverteidigung vor.« Sieht man sich nämlich die Mitgliederliste der AG Waffenrecht an, könnte man auf die Idee kommen, die Piratenpartei sei gezielt von Lobbyisten der Schützenvereine und des Verbands deutscher Büchsenmacher und Waffenhändler unterwandert worden. Katja Triebel, Geschäftsführerin eines Jagd- und Sportwaffengeschäfts, ist beispielsweise gleichzeitig im Vorstand und Direktorium der »Interessengemeinschaft für Waffenbesitz e. V. Pro Legal«, zu deren Zielen die Steigerung der »gesellschaftlichen Akzeptanz von privatem Waffenbesitz« und die »Verhinderung weiterer Waffengesetzverschärfungen« gehören. Die AG Waffenrecht gehört zu den umtriebigeren Arbeitsgemeinschaften, in ihrem Wiki auf der parteieigenen Website werden akribisch Argumente für den freien Waffenbesitz aufgezählt.
Und so wäre es fast folgerichtig, wenn demnächst die Lobby der Immobilienmakler in der Piratenpartei eine AG Gentrifizierung gründen würde, in der man sich mit Elan für Mietensteigerungen einsetzt. Der erste Schritt könnte schon nächste Woche auf der Jahrestagung der Immobilienwirtschaft in Berlin gemacht werden. Matthias Schrade, Mitglied des Bundesvorstands der Piratenpartei, wird dort einen Vortrag halten mit dem Titel: »Erfolgreich kopieren und kooperieren: Was die Wirtschaft von den Piraten lernen kann«.