Nah dran an Superpunk

Berlin Beatet Bestes. Folge 152. Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen: Die Gentlemen Spieler (2012).

Als ich unlängst im Plattenladen um die Ecke die bestellte LP von Sallie Ford & The Sound Outside abholte, entdeckte ich diese Single mit der niedlichen Zeichnung. Leider ist das Männchen nicht gezeichnet, sondern abgepaust, wahrscheinlich von einer Illustration aus den fünfziger Jahren. Aber das nur ganz am Rande, so was fällt nur einem Zeichner auf. Also, bitte schnell wieder vergessen. Diese Platte ist ganz, ganz toll. Das Stück »Gentlemen Spieler« erzählt die Geschichte des Fußballs in Deutschland: »Gentlemen Spieler treffen sich im Park Sonntagnachmittag / Und bald überall trat man gegen den Ball am Sonntagnachmittag / Die Leute von früher war’n auch fiese Typen, deutschnational und auch Antisemiten / Und ihnen missfiel das englische Spiel, sie wollten den Fußball verbieten / Die Leute von früher, sie turnten verbissen, sie waren freudlos und zornig, überhaupt sehr verkniffen / Vom Sport neuer Art, zu spielen im Park wollten sie deshalb nichts wissen / (…) / Das ist nur eine Mode und schell vorbei, das dachten die Bürger um neunzehnnulldrei / Doch Arbeiter, Schüler und Gentlemen Spieler, sie liebten die Fußlümmelei / (…)« Das Titel der B-Seite »Nimm mich mit zum Spiel« erzählt von der Leidenschaft des Fans bei Drittliga-Spielen: »Denn die Menschen, der Lärm, die halbleeren Ränge / Der Rasen, das Licht, die obszönen Gesänge, geben mir ein gutes Gefühl«.
Im Plattenladen hatte ich mir noch nicht die Mühe gemacht herauszufinden, wer hinter der Band steckt, zu Hause war es dann schell klar. Es ist Musik von gebildeten Menschen, die Fußball lieben, wo sonst könnte so was entstehen, wenn nicht in Hamburg? Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen sind Carsten Friedrichs und Tim Jürgens von Superpunk und Philip Morton Andernach und André Rattay von Blumfeld sowie Tapete-Label-Chef Gunther Buskies. Musikalisch machen sie da weiter, wo Superpunk aufgehört haben, bei Mod-Beat und Soul. Ach Hamburg, meine schöne Heimatstadt, wie ich dich doch manchmal vermisse!
Da fällt mir ein, dass ich Mitte der Achtziger mit André Rattay zur Schule gegangen bin. Ich fuhr mit dem Skateboard zur Schule, André hatte blaue Haare und spielte in der Noiserockband Der Schwarze Kanal, einer der ersten Bands bei L’Age D’Or. Mit Carsten und Tim habe ich Mitte der Neunziger mal zusammen geprobt, als Thorsten Wegner eine kurze Zeit lang nicht in der Band war. Dass ich im Stehen Schlagzeug spielte, so wie Slim Jim Phantom und Bela B., fanden sie gut, und sie wollten auch, dass ich bei Superpunk mitspiele, aber mir war klar, dass ich dazu nicht gut genug war. Meine Möglichkeiten als Schlagzeuger waren begrenzt, das einzige, was ich gut konnte, war, den Takt zu halten und sehr laut zu trommeln. Rechtzeitig zur Europameisterschaft hat Tapete Records die herrliche Single der Superpunk-Nachfolger veröffentlicht.