Das Private ist katholisch

Die katholische Kirche ist immer für Skandale gut. Als skandalös kann aber auch betrachtet werden, dass die weltliche Rechtsprechung die Moralvorstellungen der Kirche durchsetzt, etwa mit dem Urteil, das Mitte Juni in einem Arbeitsrechtsprozess gegen eine Pfarrstiftung der Diözese Augsburg im Landkreis Neu-Ulm gesprochen wurde. Die Leiterin eines katholischen Kindergartens hatte geklagt, nachdem sie entlassen worden war, da sie in einer lesbischen Lebenspartnerschaft ist und überdies ihren Anspruch auf Elternzeit geltend machen wollte. Es ist nicht das erste Mal, dass eine katholische Einrichtung so vorgeht. Die Kirche hat in Deutschland einen juristischen Sonderstatus. Den Vorsitz in dem Verfahren führte der Richter Ivo Moll. Er ist Präsident des Verwaltungsgerichts Augsburg und ein Experte für Schulrecht. Ob er die Homophobie der katholischen Kirche teilt, ist nicht klar, Moll ist aber offenbar nicht gern auf der Seite von Frauen, denen Unrecht geschieht. In einem anderen Gerichtsverfahren hatte er die Klage gegen den Landkreis Augsburg abgewiesen, der für die Unterbringungskosten für zwei Kinder, deren Mutter im Gefängnis saß, nicht aufkommen wollte.
Moll urteilte zwar, dass die Entlassung während der Elternzeit unrechtmäßig sei, hatte aber sonst nichts an der Entlassung der Frau aufgrund ihrer sexuellen Orientierung auszusetzen und bestätigte damit die juristischen Privilegien der katholischen Kirche, anstatt wie bei der Regelung zur Elternzeit beim staatlichen Recht zu bleiben. Die Klägerin darf nach ihrem Jahr Elternzeit also nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, die Kontrolle über das Privatleben der Mitarbeiterinnen in katholischen Einrichtungen wurde nicht in Frage gestellt. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) hat das Urteil seltsamerweise dennoch begrüßt, immerhin hatte die Klägerin halb recht bekommen. Sie hatte den Kindergarten elf Jahre lang geleitet. Ob sie mit einer Frau zusammenlebt oder mit einem Mann und ob sie Kinder hat oder nicht, hat eigentlich keinen Einfluss auf ihre Arbeit. Die katholische Kirche akzeptiert aber nur asexuelle Lesben und Schwule und möchte das Leben ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch nach der Arbeitszeit bestimmen. Ob Menschenrechte nicht wichtiger seien als die Privilegien der Kirchen, sollte man Richter Moll lieber nicht entscheiden lassen.