Das Ergebnis der mexikanischen Präsidentschaftswahl

Freihandel statt Frieden

Der Kandidat der früheren Staatspartei PRI hat die Präsidentschaftswahlen in Mexiko gewonnen. Das verheißt nichts Gutes.

Man muss kein großer Fan des linken Kandidaten Andrés Manuel López Obrador sein, um zu konstatieren: Mexikos Wählerinnen und Wähler haben eine sehr schlechte Entscheidung getroffen. Zumindest jene 38 Prozent, die für Enrique Peña Nieto votierten und damit dem Präsidentschaftskandidaten der ehemaligen Staatspartei PRI am Sonntag zum Sieg verhalfen. Denn mit Peña Nieto übernehmen wieder Politiker die Macht, deren autoritäres Regime die Gesellschaft über sieben Jahrzehnte geprägt hat. Erst der Wahlsieg des konservativen PAN im Jahr 2000 konnte diese Herrschaft beenden. Viele hofften damals, dass künftig nicht mehr korrupte Politiker, Militärs, Unternehmer, Gewerkschafter und Kartelle das Sagen haben. Sie hofften auf demokratische Verhältnisse. Und darauf, dass sie nicht mehr von Vorgesetzten oder lokalen Machthabern zum Votum für deren bevorzugte Partei gezwungen werden können.
Peña Nietos Erfolg macht jedoch deutlich, dass die alten Strukturen weiterhin intakt sind. Die Partei war dort besonders erfolgreich, wo viele Wählerinnen und Wähler von dem PRI nahestehenden Verbänden abhängig sind. Zudem funktionierte offenbar das System des Stimmenkaufs wie geschmiert und der smarte 45jährige konnte auf die Unterstützung der großen Medienkonzerne bauen. Wäre López Obrador unter gleichberechtigten Voraussetzungen zur Wahl angetreten, hätte er seinen Konkurrenten wahrscheinlich geschlagen. So kam er jedoch nur auf etwa 31 Prozent der Stimmen – und damit immer noch auf weitaus mehr, als ihm die zahlreichen von seinen Gegnern inspirierten Prognosen versprochen hatten.
Doch in erster Linie ist der noch regierende PAN für Peña Nietos Sieg verantwortlich. Dessen liberale Wirtschaftspolitik hat dafür gesorgt, dass mittlerweile etwa 45 Prozent der mexikanischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt. Zudem hat der von Präsident Felipe Calderón ausgerufene Krieg gegen die Kartelle eine Eskalation der Gewalt hervorgerufen, von der die gesamte Gesellschaft erfasst wird. Das hat nicht nur dazu geführt, dass die Kandidatin des PAN, Josefina Vázquez Mota, mit 26 Prozent der Stimmen auf Platz drei verwiesen wurde. Viele wählten den PRI, weil sie sich nach jenen Zeiten zurücksehnen, in denen die Partei im Gegenzug für stille Komplizenschaft mit dem korrupten System ein sicheres Auskommen versprach und eine friedliche Koexistenz mit der Mafia garantierte.
Eine solche Rückkehr in die Vergangenheit wird es jedoch nicht geben. Der PRI selbst leitete die ökonomische Liberalisierung ein, unter der heute viele leiden. Der PAN setzte lediglich fort, was die Vorgängerregierung eingefädelt hatte: den Ausverkauf kollektiven Ackerlandes, die Privatisierung staatlicher Betriebe, die Zerstörung der ländlichen Wirtschaft durch den Freihandel. Peña Nieto wird an dieser Politik festhalten, etwa durch die Veräußerung des staatlichen Ölkonzerns Pemex. Auch eine »pax mafiosa«, einen Frieden mit der Mafia, wird es nicht geben. Schließlich hat sich auch der kriminelle Markt längst liberalisiert. Die Kartelle kämpfen um Einflusszonen, die Gouverneure unterschiedlicher Parteien und Bundesstaaten werden von jeweils anderen kriminellen Organisationen bezahlt. Der PRI hat längst nicht mehr alleine das Sagen. Es ist also kaum zu erwarten, dass das Morden mit Peña Nieto ein Ende haben wird.