»Die Einheimischen leisten keinen Widerstand«

In der vergangenen Woche fand im Rahmen des HipHop-Festivals »Global Rap Resistance« in Berlin ein Vortrag über die politische Situation und die anarchistische Bewegung in Weißrussland statt. Der Referent Petja, ein Anarchist aus Weißrussland, kam 30 Minuten zu spät und war erkältet, hielt aber dennoch seinen Vortrag im sehr gut besuchten Kastanienkeller. Er hat mit der Jungle World gesprochen.

In der Taz wurde über den Baubeginn eines Atomkraftwerks in Weißrussland berichtet. Wie weit ist das Vorhaben?
Das AKW ist im Bau. Die ganze Infrastruktur, die Baustelle und der Aushub sind vorbereitet. Die Bauarbeiter und -arbeiterinnen sind daneben untergebracht worden.
Gibt es Widerstand dagegen?
Angesichts der derzeitigen politischen Situation im Land kann man keine Proteste gegen den Bau erwarten. Die Einheimischen leisten keinen Widerstand dagegen.
Wie ist die politische Lage in Weißrussland?
Man kann die allgemeine politische Situation in dem Land als Auflösung beschreiben. Die Menschen sind sehr unzufrieden, aber es ist noch nicht klar, ob es zu Massenprotesten kommt. Die Bevölkerung hat kein Vertrauen in die Regierung.
Was können Sie zu der Repression gegen Anarchisten und LGBT-Aktivistinnen in Weißrussland in jüngster Zeit sagen?
Im Allgemeinen ist die Repression stärker geworden. Meiner Meinung nach versucht die Regierung, das Modell der Sowjetunion zu restaurieren. Ich befinde mich allerdings außerhalb des Landes auf einer Auslandreise, deshalb kann ich nichts zu den allerneuesten Ereignissen sagen.
Welche internationalen Kontakte hat die anarchistische Bewegung in Weißrussland?
Es gibt sehr viele Menschen, die sich an Solidaritätsinitiativen für weißrussische Anarchistinnen beteiligen und zum Beispiel bei der Ausreise aus dem Land helfen, die Schengen-Visa zu beschaffen, um so die Treffen mit internationalen Aktivistinnen und Vorträge zu organisieren.
Wie wirkt sich die Wirtschaftskrise in Weißrussland aus?
Es gab in jüngster Zeit eine wirtschaftliche Stabilisierung, die Situation ist besser geworden und die Kulturbanausen sind mit dem kurzzeitigen Alltagswohlstand zufrieden. Es ist aber durchaus möglich, dass bald die nächste Krisenwelle kommt, und dann wird es mit der Stabilität wieder vorbei sein.