Der Cash aus Germany

Berlin Beatet Bestes. Folge 157. Eddie Wilson: Ich bin froh (1961).

Ich lege die Single auf den Plattenteller, den Tonarm auf die Rille und drücke auf Play. Es folgen drei Akkorde auf dem elektrischen Bass, eine aufgeregte Bluegrass-Fiddle kommt hinzu und noch ein klimperndes Ragtime-Piano. Ganz klar: Das ist Country. Dann setzt auch schon der Gesang ein:

Ich bin froh, dass ich dich los bin und dass ich dich nicht mehr seh’/Ich hab dich bereits vergessen, weil ich nicht mehr auf dir steh/Ich dacht, du wärst ne’ dufte Puppe und an dir wär’ alles dran/aber heut bist du mir schnuppe, denn ich fand ’nen and’ren Zahn.

Was ich dann weiter höre, lässt mich rätseln. Wer ist dieser Eddie Wilson? Wenn man von dem chauvinistischen Ton absieht, der durchaus dem typischer Schlagertexte der sechziger Jahre entspricht, ist dies die erste authentisch amerikanisch klingende Aufnahme in deutscher Sprache, die ich je gehört habe. Die Backing-Band klingt nach Nashville und nicht nach Seevetal-Maschen. Das Piano klimpert munter, die Blugrass-Fiddle und sogar eine Steel-Guitar haben ihr kleines Solo und Eddie Wilson singt gemütlich und unaffektiert. Eben überhaupt nicht typisch deutsch.
Erst das Internet bringt mich weiter bei der Antwort auf meine Fragen. Eddie Wilson ist tatsächlich deutscher Herkunft. Geboren als Armin Edgar Schaible in Ludwigsburg, wanderte er 1960, angetrieben von seiner Leidenschaft für Country-Musik und das Land, in dem sie entstand, in die USA aus. Zielstrebig ging er nach Nashville und konnte tatsächlich einen Job bei Starday-Records, einem der wichtigsten Country-Label der fünfziger Jahre, bekommen. Zunächst verdingte er sich als Sessionmusiker, aber bereits ein Jahr später zog der von Starday produzierte Titel »Dankeschön, Bitteschön, Aufwiedersehen« auf Platz 17 in die deutschen Charts ein. Die B-Seite, »Ich bin froh«, eine Coverversion von »It’s O.K.« des ebenfalls bei Starday beheimateten Country-Stars George Jones, landete auf Platz 25. Wilson singt auf »Dankeschön« in akzentfreiem Englisch, seine Affinität zu Amerika kann ihn also nicht erst in diesem einen Jahr zu dieser Leistung befeuert haben. Bereits ab 1951 hatte Wilson in Country-Bands gespielt, unter anderem bei den Wagonmasters, die oft auf dem amerikanischen Soldatensender AFN zu hören waren. Der typische George-Jones-Sound, gepaart mit Eddie Wilsons Amerika-Begeisterung, macht diese Aufnahmen also so stark und authentisch. Und sein Wille, einen Schritt weiter zu gehen und sich an den Ursprung der Musik zu begeben, die er so sehr liebte. Aus dem gleichen Grund sind die Songs von Truck Stop und Gunter Gabriel, so erfolgreich sie in Deutschland auch waren, so schwach. Bear Family Records hat die gesammelten Songs von Eddie Wilson auf der CD »Dankeschön, Bitteschön, Aufwiedersehen« wiederveröffentlicht. Eddie Wilson gelang nie wieder ein Hit in Germany. Aber in Texas lebt er noch immer.