Homophobe Hähnchen

Daniel Truett Cathy mag es gerne traditionell. Von seinem Vater hat er nicht nur die Fast-Food-Kette »Chick-fil-A« (gelesen: »Filet«) übernommen, sondern auch dessen christlichen Fundamentalismus. Sich selbst beschreibt der 59jährige, der sich kumpelhaft Dan T. Cathy nennen lässt, auf der Website des Hähnchen-Sandwich-Betriebs unter anderem als treuen Ehemann, der mit zwei Söhnen und musikalischem wie sportlichem Talent gesegnet ist und es liebt, jungen Menschen sonntags in der New Hope Baptist Church seine Auslegung der Heiligen Schrift für das tägliche Leben näherzubringen. Er versorgt die USA eben nicht nur mit christlich zubereiteten Vogelleichen – am Tag des Herrn ruhen die Bratmaschinen und auch sonst ist das Unternehmen dem Glauben seines Chefs gemäß organisiert –, sondern auch mit Weisheiten darüber, wie ein gottgefälliges Leben auszusehen habe. Ganz wichtig ist dabei die Verteidigung der Familie »in ihrer biblischen Definition«, also in der heteronormativen Spielart. Das ließ er die Öffentlichkeit auch in einem am 16. Juli in The Baptist Press veröffentlichten Interview wissen. Die Äußerungen provozierten Kritik von Lesben- und Schwulenverbänden, aber auch von progressiven Bürgermeistern wie Thomas Menino aus Boston und Rahm Emanuel aus Chicago. Die Werte von »Chick-fil-A« seien nicht die Chicagos, entgegnete Letzterer. Der Kritik folgten Boykottaufrufe gegen die Fast-Food-Kette, die in den USA mehr als 1 500 Restaurants unterhält, vor allem in den konservativeren Südstaaten.
Doch vielen schmeckt Cathys Baptisten-Menue nur zu gut. Unterstützung erhielt er unter anderem von den ehemaligen republikanischen Präsidentschaftskandidaten Rick Santorum und Mike Huckabee. Sie riefen für den 1. August einen »Chick-fil-A Appreciation Day« aus, an dem Vertreter »traditioneller Werte« ihre Familien zum Hähnchenverzehr in dessen Filialen schleppen sollten, und verhalfen dem Unternehmen so zu Rekordumsätzen. Kritiker Cathys hatten zuvor für Freitag vergangener Woche Kiss-ins gleichgeschlechtlicher Paare in den Restaurants geplant. Ihnen wird von vielen Konservativen vorgeworfen, zu aggressiv gegen einen angeblich unpolitischen Unternehmer vorzugehen. Es geht aber nicht nur um homophobe Äußerungen Cathys, das Unternehmen unterstützte bereits verschiedenste Organisationen, die sich dem Kampf gegen die Rechte von Lesben und Schwulen verschrieben haben, mit Millionenbeträgen.