Affen wie wir

Was wir allzu gern vergessen, wenn wir uns im Zoo oder im Freilandgehege Affen ansehen, ist die Tatsache, dass wir selbst Teil jener biologischen Ordnung sind, der auch die Feuchtnasenaffen, Trockennasenaffen und Menschenaffen angehören: Wir alle sind Primaten. Im Grunde faszinieren uns, sagt die Göttinger Primatenforscherin Julia Fischer, »die anderen Affen«. Fischer hat viel Zeit in freier Wildbahn verbracht, um Affen zu beobachten. Aus einem Versteck im Gebüsch heraus, zum Beispiel. Darüber schreibt sie in ihrem eindrucksvollen Buch, das den schönen doppeldeutigen Titel »Affengesellschaft« trägt und spannende Einblicke in ihre Forschungsarbeit gewährt.
»Neugierige Berberaffen, kämpfende Bärenpaviane, scheue Guineapaviane« – plastisch beschreibt sie artspezifische Eigentümlichkeiten. Vor allem geht es um die vielgestaltigen Formen des Zusammenlebens ihrer Protagonisten. Sie erforscht die Ursprünge ihrer Intelligenz und weiß, dass Erkenntnisse über kognitive und kommunikative Fähigkeiten von Affen nur zu haben sind, wenn man sich mit der sozialen Organisation von Affengesellschaften beschäftigt. Eine beinahe (mikro-)soziologische oder ethnologische Vorgehensweise, mit dem gewichtigen Unterschied, dass Affen nun mal nicht sprechen. Affen lernen wie Menschen aber eine Menge durch das Nachahmen ihrer »Vorbilder«. Wer mit wem wie intensiv Umgang pflegt, hängt nicht zuletzt vom sozialen Status der Beteiligten ab. Überall versteckte Absichten zu vermuten, ist jedoch eine menschliche Spezialität. Keine Bange, es ist nicht die einzige.

Julia Fischer: Affengesellschaft. Suhrkamp, Berlin 2012,
281 Seiten, 26,95 Euro