Rettet den Dodo!

Man hat vermutlich keine leichte Kindheit, wenn man von seinen Eltern mit einem Vornamen bedacht wurde, der an einen plumpen, wegen seiner Flugunfähigkeit ausgestorbenen Vogel erinnert, und der Nachname die Sache auch nicht besser macht. Doch Dodo zu Knyphausen-Aufseß beklagt sich nicht über einen Spitzenplatz auf der Rangliste kurioser Namen. Gemeinsam mit knapp 300 weiteren Professoren und Professorinnen der Betriebswirtshaftlehre kritisiert er vielmehr das Ranking des Handelsblatts, das sich anschickt, die »forschungsstärksten« unter ihnen zu ermitteln. Unter anderem »Eindimensionalität der Leistungsmessung«, »methodische Mängel« und »falsche Anreizwirkung« bemängeln die Wissenschaftler in einem offenen Brief, sie wollen das Ranking boykottieren.
Die Kritik erscheint begründet, denn »Basis des Rankings sind Aufsätze in 761 Fachzeitschriften, deren Qualität anhand verschiedener Indikatoren beurteilt wird«. Die Qualität der Zeitschriften wohlgemerkt, nicht etwa die der Aufsätze, diese werden nur gezählt. Man versteht zwar, dass die Prüfer nicht darauf erpicht sind, Abhandlungen wie »Verwässerungsschutz bei Finanzierungsinstrumenten mit Optionselementen am Beispiel von Wandelanleihen« zu lesen. Doch sollte es bei der Forschung nicht doch eine Bedeutung haben, was jemand schreibt? Allerdings sprechen wir von der Betriebswirtschaft, und deshalb, liebe Professorinnen und Professoren, muss es einmal gesagt werden: Ätsch! Nun werdet ihr so bewertet, wie ihr ansonsten die Welt bewertet, da darf man sich ein wenig Schadenfreude gönnen. Eindimensionalität der Leistungsmessung, methodische Mängel, falsche Anreizwirkung – schon haben wir eine treffende Kurzbeschreibung der Betriebswirtschaftslehre beisammen. Aber nun, da es um Karrieren geht – das Ranking spielt bei Stellenbesetzungen eine wichtige Rolle –, ist das Gejammer groß. Fairerweise muss man einräumen, dass die Schwächen der Betriebswirtschaftslehre in der Natur der Sache liegen. Eine Wissenschaft, die sich nur für eine Dimension interessiert, nämlich die Profitmaximierung, muss eindimensional sein, in ihrer Methodik das Humankapital als Verfügungsmasse behandeln und mit ihren Vorschlägen dafür sorgen, dass die Belegschaften immer kleiner werden. Wendet man diese Lehren auf die Betriebswirtschaft selbst an, so wird deutlich: Es gibt viel Spielraum für Rationalisierung. 761 Fachzeitschriften gelten als bedeutend, aber lesen wollen sie nicht einmal Experten, die dafür bezahlt werden. So darf man annehmen, dass es kaum auffallen würde, wenn sich, sagen wir mal, die Hälfte der 2 100 Professoren und Professorinnen dem von ihnen so geliebten freien Arbeitsmarkt stellen müssten. Insofern darf unser Professor Dodo als Symbol für seine Zunft gelten. Zu unbeholfen, um im wirklichen Leben zu bestehen, müssen Betriebswirtschaftler ihre ökologische Nische verteidigen.