Der Costa von drüben

Berlin Beatet Bestes. Folge 164. Perikles Fotopoulos und die Sputniks: Ich bin kein Prophet (1964).

Costa Cordalis, Vicky Leandros und Nana Mouskouri kennt man. Aber was ist mit Perikles Fotopoulos?« fragte ich in Athen in die Runde. Schulterzucken und Gekicher waren die Antwort. Bis sich Emilia, die Freundin der Mutter von Jungle World-Autorin Josefine Haubold, einmischte: »Perikles Fotopoulos!? Mit dem habe ich als 15jährige zusammen gesungen, im Haus des Lehrers!« Emilia hat bis zum Ende ihres Studiums 1976 in Leipzig gelebt. Als sie den Namen hörte, rief Josefine überrascht: »Das war mein Musiklehrer, an meiner Schule in Athen!« Was für ein Zufall. Aber nicht nur deshalb hat Perikles Fotopoulos es verdient, in der Jungle World vorgestellt zu werden. Er war in den sechziger Jahren in Deutschland ein richtiger Schlagerstar und hat sogar Rock’n’Roll aufgenommen.
Geboren 1931 auf der Halbinsel Attika, floh der Kommunist 1953 zusammen mit seinen Angehörigen aus Griechenland. Der Bürgerkrieg zwischen ehemaligen kommunistischen Partisanen und Royalisten führte, nach dem Sieg der Letzteren 1949, zu einer tiefen Spaltung des Landes. Die Luft wurde für griechische Linke dünn. Wer konnte, emigrierte. Fotopoulos ging in die DDR. Zunächst studierte er an der Filmhochschule Babelsberg, brach das Studium jedoch nach zwei Jahren ab und wechselte zur Musik. Als Leo Leandros, der Vater von Vicky, 1960 im Westen mit einer deutschen Version von Bob Azzams »Mustapha«, seinen größten Hit landete, veröffentlichte der damals 29jäh­rige Perikles Fotopoulos zur selben Zeit im Osten mit »Marina« seine erste Single. Seitdem ging es zügig bergauf. Bis Mitte der sechziger Jahre erschienen eine Reihe von Singles, 1964 veröffentlichte er eine der ersten Langspielplatten in der DDR.
Dass es zu einer Zusammenarbeit mit den Berliner Sputniks kam, ist naheliegend. Die Sputniks gehörten zu den bekanntesten Beat-Gruppen der DDR und Fotopoulos war einer der erfolgreichsten Sänger des Landes. Die Produzenten bei Amiga verschmolzen die beiden Erfolgskonzepte. »Ich bin kein Prophet« beginnt mit einem klirrenden Gitarrenakkord und einer Mundharmonika, so wie bei »Love Me Do« von den Beatles, bis Perikles’ Gesang mit tiefem Timbre und griechischem Akzent einsetzt und den Song zu einer perfekten Schlagerbeat-Mischung macht. Bear Family Records hat den Song 2003 auf der hervorragenden CD »Twist in der DDR« wiederveröffentlicht. Perikles ging 1974 zurück nach Griechenland, konnte dort aber an seine Schlagerkarriere nicht mehr anknüpfen. 30 Jahre lebte er in Griechenland, bevor er 2003 starb. Wie heißt es so schön: »Wir wohnen nicht in einem Land, sondern in einer Sprache«? Manche Menschen sogar in mehreren.