Die tschechische »Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit« im Wahlkampf

Warten auf die Wahlkampfhilfe

Bei der Regionalwahl am kommenden Wochenende hofft die neonazistische tschechische »Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit« (DSSS) vor allem im Norden des Landes auf den Einzug in die Parlamente. Im Wahlkampf hatte sie sich Unterstützung von ihrem Vorbild, der NPD, erwartet. Doch trotz bestehender Vereinbarungen und bereits geleisteter Hilfe von tschechischer Seite blieb diese aus.

Am Wochenende finden in der Tschechischen Republik Regionalwahlen statt – für die großen Parteien in der Region Ústí nicht zum allerbesten Zeitpunkt. Dort bilden derzeit die Sozialdemokraten (ČSSD) die stärkste Fraktion der Regional­regierung, gefolgt von den konservativen Bürgerdemokraten (ODS) und den Kommunisten (KSČM). Nach diversen Korruptionsskandalen in diesen Parteien hat das Vertrauen der Bevölkerung in sie deutlich abgenommen.

Das könnte der rechtsextremen »Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit« (DSSS) einen Stimmenzuwachs bescheren. Sie liegt in der Region jüngsten Wahlprognosen zufolge bei vier Prozent der Stimmen. In der Region Ústí ist die DSSS traditionell am stärksten, sie macht vor allem mit rassistischer Hetze gegen die Roma-Bevölkerung auf sich aufmerksam. Bislang ist die Partei jedoch stets deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.
Ihre einzigen beiden kommunalpolitischen Mandate hat die DSSS in dem Städtchen Krupka, das in der Region Ústí liegt. Dort hatte die Partei vor den Kommunalwahlen im Herbst 2011 einen antiziganistischen Aufmarsch veranstaltet und knapp zehn Prozent der Stimmen gewonnen. Auch im derzeitigen Wahlkampf setzt die DSSS auf den in Tschechien weit verbreiteten Antiziganismus und hat mehrere Aufmärsche gegen die »Nichtangepassten«, wie sie die Roma bezeichnet, in der nordböhmischen Grenzregion orga­nisiert. Beispielsweise versuchte die Partei in Varnsdorf mit einem Aufmarsch an die antiziganistischen Pogrome vor einem Jahr anzuknüpfen. Im sogenannten Schluckenauer Zipfel an der Grenze zu Sachsen ist die Arbeitslosigkeit hoch, die Löhne sind niedrig, es herrscht allgemeine Unzufriedenheit. Vor allem Roma werden zu Sündenböcken gemacht. Im vergangenen Jahr hatte unter anderem die Behauptung, die Neuansiedlung von Roma habe die Kriminalitätsrate in der Region deutlich gesteigert, wochenlang zu po­gromartigen Ausschreitungen geführt. Bis zu 3 500 Bürgerinnen und Bürger hatten sich zusammengeschlossen, um militant gegen die Roma und deren Unterkünfte vorzugehen. Auch dieser Tage hetzt die DSSS auf Wahlplakaten gegen die »Nichtangepassten«.
Im Wahlkampf hofft die Partei auch auf Unterstützung aus Deutschland – bislang jedoch vergeblich. Lediglich Katrin Köhler, die für die NPD im Chemnitzer Stadtrat sitzt, half Augenzeugen zufolge einen Tag lang, Wahlplakate zu kleben. Vereinbart worden war eigentlich etwas anderes. Im April 2011 verabschiedeten Tomáš Vandas, der Parteivorsitzende der DSSS, und der damalige NPD-Vorsitzende Udo Voigt während ­eines Delegationsbesuchs der DSSS beim Pressefest der NPD-Zeitung Deutsche Stimme ein großspurig »Manifest von Riesa« genanntes Pamphlet, in dem sie ihren Willen zur engeren Zusammenarbeit bekundeten und eine »Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene« ankündigten.

Während eines Gegenbesuchs der NPD zwei Monate darauf in Prag äußerte Vandas bereits seine Hoffnung, die NPD werde seine Partei im Wahlkampf für die Regionalwahlen 2012 unterstützen. Dass es die NPD geschafft habe, »in Deutschland eine so starke nationalistische Partei« zu werden, sei für die DSSS »eine Inspiration dafür, das Gleiche mit ähnlichen Methoden in der Tschechischen Republik zu erreichen«. Besonders großzügig fiel die Hilfe der NPD trotz der Vereinbarung nun nicht aus. Nur Köhler schien sich an die Hilfe der tschechischen Verbündeten im vergangenen Jahr zu erinnern. Im Wahlkampf zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt unterstützten Freiwillige der DSSS-Jugendorganisation Arbeiterjugend (DM) die NPD eine Woche lang. Für die DM ging es darum, in dieser Woche Erfahrungen für den Wahlkampf in Tschechien zu sammeln. Dies sei wichtig, da die NPD professionell arbeite und eine Art Prototyp der nationalen Opposition darstelle, sagte der DM-Vorsitzende Erik Lamprecht nach dem Einsatz.

Zur Eröffnung des Wahlkampfs für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus im September 2011 kündigte die Berliner NPD an, zum Verkleben von 40 000 Wahlplakaten auch »kampferprobte Kameraden« aus Tschechien angefragt zu haben. Udo Voigt bedankte sich nach der Wahl ausdrücklich bei den »freien Kräften aus Böhmen und Mähren«, obwohl deren Unterstützung in diesem Fall eher gering ausgefallen war. Beobachterinnen und Beobachtern der rechtsextremen Szene zufolge nahmen lediglich drei Neonazis den Weg aus der Tschechischen Republik nach Berlin auf sich, darunter Lukáš Stoupa aus Klášterec nad Ohří, der Verbindungsmann der DSSS zur deutschen Naziszene, sowohl zur NPD als auch beispielsweise zum »Freien Netz Süd«.
Erst im zweiten Anlauf gab es dann größere Unterstützung: Immerhin 15 Mitglieder der DSSS-Jugendorganisation reisten auf Einladung der NPD für eine ganze Woche nach Berlin. Eine Woche lang wurde nicht nur gemeinsam für den Wahlkampf geschuftet, sondern auch »gemeinsame Freizeit« verbracht. Dazu zählte eine Stadtbesichtigung mit Stefan Lux, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter Udo Voigts, ein Treffen mit Voigt selbst und eine Zusammenkunft mit dem Berliner NPD-Landesvorsitzenden Uwe Meenen. Die NPD zahlte Unterkunft, Verpflegung, Fahrtkosten sowie ein Taschengeld für die tschechischen Helfer und Helferinnen. »Wahlkampf«, so schrieb Lamprecht nach der Rückkehr aus Berlin in einem Delegationsbericht, sei ein passender Begriff, denn es handle sich wirklich um einen Kampf. Schließlich verlange dieser »eine fast unvorstellbare Anstrengung, Geld, Material und vor allem die persönliche Begeisterung« der Mitwirkenden. Bewundernd ­resümierte er: »Die NPD nimmt ihren ›Kampf um Berlin‹ nicht auf die leichte Schulter.« Sie habe eine »professionelle Kampagne« betrieben. In diesem Ton loben DSSS und DM immer wieder die vermeintliche Professionalität ihrer deutschen Schwesterpartei. Die mangelnde Einsatzbereitschaft der NPD wurde bislang nicht kommentiert.