Paradies oder Bordell

Fazıl Say. Das türkische Publikum überraschte er mit Beethoven und Mozart, das deutsche mit türkischen Stücken. Der in Istanbul geborene Pianist Fazıl Say ist jemand, der gerne Konventionen sprengt und sich auch mal unbeliebt macht, zum Beispiel mit seiner offen gezeigten Geringschätzung für den in der Türkei populären Arabesk-Pop, der eine Last für Intellektualität und Modernität sei. Wegen einiger islamkritischer Twitter-Witze wird der Musiker, der sich öffentlich gegen die Politik der regierenden AKP ausspricht, beschuldigt, religiöse Werte verunglimpft zu haben. Say hatte über die Paradiesvorstellungen des Islam gewitzelt und gefragt, ob die versprochenen Jungfrauen und der in Aussicht gestellte Wein nicht eher an Bordell oder Kneipe als an den Himmel erinnerten. Zahlreiche Intellektuelle solidarisierten sich mit dem bekennenden Atheisten. Auch Europaminister Egemen Bağış forderte eine Einstellung des Verfahrens. Bei einer Verurteilung drohen dem Künstler eineinhalb Jahre Haft.  HER