Die Hamas und die Golfmonarchien

Ein neuer Pate

Die Hamas hat sich vom Iran ab- und den Golfmonarchien zugewendet.

Wer weiter behauptet, der Gaza-Streifen leide unter einer Blockade oder gar Besatzung, wird in Zukunft in noch größere Erklärungsnot geraten als bislang. Denn wie konnte der Emir von Katar, Sheikh Hamad bin Khalifa al-Thani, mit einer 61köpfigen Delegation und über 400 Millionen US-Dollar an Hilfsgeldern im Gepäck dann dem Gebiet einen offiziellen Staatsbesuch abstatten?
Eine solche diplomatische Aufwertung hat die dort regierende Hamas bislang noch nicht erlebt. Dabei war die Visite sicher auch als Belohnung gedacht, schließlich hat die Hamas sich infolge des Aufstands in Syrien aus der vom Iran dominierten »Achse des Widerstands« gelöst, ihr Hauptquartier in Damaskus aufgegeben und ist in die sunnitisch-islamische Welt, der sie als palästinensischer Zweig der Muslimbruderschaft eigentlich auch angehört, zurückgekehrt.
Mit Thanis Besuch ist es nun sozusagen amtlich: Die Hamas steht fortan auf der Payroll Katars, das damit den Iran in der Rolle des Patrons der Organisation beerbt. Der Emir des Kleinstaates mischt seit Ausbruch des sogenannten arabischen Frühlings mächtig in der ganzen Region mit, unterstützte etwa maßgeblich die libyschen Rebellen und ist einer der Hauptfinanziers oppositioneller islamistischer Milizen in Syrien.
Zugleich gilt er als enger Verbündeter der USA, Katar beherbergt das Hauptquartier des US-Militärs im Nahen Osten, auch mit Israel unterhält das Emirat seit längerem niedrigschwellige Beziehungen. Wie seine Kollegen aus den anderen arabischen Golfstaaten dürfte der Emir derzeit keinerlei Interesse an einem Krieg zwischen Israel und den Palästinensern haben. Die Stabilität der Region und die Eindämmung iranischer Hegemoniebestrebungen dominieren die Außenpolitik der klerikalautokratischen Länder des Golfkooperationsrats. Dessen Mitglieder haben selbst mit wachsendem Unmut zu kämpfen, ob in Bahrain oder erst jüngst in Kuwait, wo vorige Woche die bislang größte Demonstration in der Geschichte des Landes stattfand. Anders als die iranischen Machthaber haben sich die Monarchen am Golf auch weitgehend mit der Existenz des jüdischen Staates abgefunden.
Der Hamas dürfte der Emir deshalb klar gemacht haben, dass er nichts gegen Raketenbeschuss auf Israel habe, jede weitergehende militärische Eskalation jedoch unerwünscht sei, er andererseits aber keine ideologischen Zugeständnisse verlange, selbst wenn er bei seinem Besuch in Gaza von der Notwendigkeit eines »gerechten Friedens« sprach, den auch Israel akzeptieren könne. Ähnlich äußerte sich der ägyptische Präsident Mohammed Morsi jüngst in einer Ansprache: Sein Land stehe solidarisch an der Seite der Palästinenser, werde für sie aber in keinen Krieg ziehen.
Für die Israelis dürfte damit klar sein, dass die Hamas, finanziell unterstützt durch Katar, den Gaza-Streifen auch für die absehbare Zukunft weiter regieren und von dort immer wieder Raketenangriffe und Terroranschläge unternehmen wird. Ruhe wird im Süden des Landes deshalb wohl nicht einkehren. Raketen aus dem Gaza-Streifen stellen allerdings, anders als iranische Vernichtungsdrohungen und Atomwaffen, keine existentielle Bedrohung des jüdischen Staates dar. Und das ist die gute Nachricht: Der unmittelbare Einfluss des Iran an Israels Südgrenze dürfte der Geschichte angehören.