Syrien und die ausländische Mächte

Wer kommt durch?

Wie einst Spanien ist nun Syrien Kampfplatz ausländischer Mächte und Freiwilliger geworden.

Bei der Beerdigung seines Kommandeurs Ali Hussein Nassif, den die Free Syrian Army (FSA) in Homs erschossen hatte, hielt der Generalsekretär der Hizbollah, Hassan Nasrallah, höchstpersönlich die Trauerrede für den »Märtyrer«. Wenige Kilometer weiter erklärte ein junger sunnitischer Libanese mit dem Kampfnamen Khaled einem Reporter des Daily Star, warum er als Freiwilliger in die FSA eingetreten sei: Als Muslim sei es seine religiöse Pflicht, den syrischen Glaubensbrüdern im Jihad beizustehen. Er kämpfe zusammen mit Tunesiern, Libyern und sunnitischen Irakis gegen den gottlosen Tyrannen Assad.
Gegen sunnitische Freiwillige, die sich im Jihad gegen das ungläubige, weil schiitische Regime Assads wähnen, ziehen wiederum schiitische Kämpfer aus dem Libanon und Irak auf Seiten der sy­rischen Regierung in den Kampf. Aus der Türkei stammende PKK-Milizionäre kämpfen gegen Einheiten der FSA, in deren Reihen die Konflikte zwischen Islamisten und Säkularen immer stärker zum Ausbruch kommen. Schließlich unterstützen auch linke und liberale Gruppen aus der ganzen Region die Aufständischen in Syrien, während viele Kommunisten und Antiimperialisten fest an der Seite Assads und der »Achse des Widerstands« stehen. Inzwischen hat der Krieg auch die palästinensischen Flüchtlingslager in Damaskus erreicht, in denen sich junge Freiwillige der FSA anschließen, während die palästinensische Terrororganisation PFLP-GK Einheiten zur Unterstützung Assads aushebt.
Angesichts eines Konflikts, in den nicht nur sämtliche Staaten der Region, sondern auch Russland, China, die USA und die EU verwickelt sind, in dem Freiwillige aus zahlreichen Ländern kämpfen und in dem die internationale Diplomatie versagt, drängt sich ein historischer Vergleich auf: Viele Beobachter, ob Befürworter oder Gegner einer militärischen Intervention des Westens in Syrien, fühlen sich an Spanien in den dreißiger Jahren erinnert. Dies sei der »spanische Bürgerkrieg unserer Zeit«, schrieb etwa Ali al-Shibabi in al-Arabiya, andere erinnern an die fatale Nichtinterven­tionspolitik Großbritanniens und Frankreichs. Unterstützer Assads hingegen loben die russische Außenpolitik, die, wie damals die spanische, nun die syrische Republik gegen die Klerikalfaschisten verteidige, die diesmal von Saudi-Arabien unterstützt würden. Ebenso ließe die FSA sich als antifaschistische Frontorganisation bezeichnen, schließlich kämpft sie nicht nur gegen eine Ba’ath-Partei, deren Gründer Bewunderer der Nazis waren, sondern indirekt auch gegen das iranische Regime, das seine Gegner zu Recht als islamfaschistisch bezeichnen.
Wie weit die Analogie mit dem spanischen Bürgerkrieg wirklich trägt, sei dahingestellt. Eine Lehre dürfte sich allerdings ziehen lassen: So wie in Spanien, neben unzähligen unbeteiligten Zivilisten, am Ende jene, die den Kampf gegen Franco aufgenommen hatten, die Verlierer waren, werden, je länger konfessionelle Kämpfer mit ihren jeweils internationalen Unterstützern das Geschehen bestimmen, in Syrien diejenigen die Verlierer sein, die voriges Jahr mit Forderungen nach mehr Freiheit und Wohlstand die Rebellion gegen Assad begannen.