»Hier gibt es einfach keine Nazihistorie«

Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen bietet Seminare und Workshops zum Thema Linksextremismus an. Schulen können Referenten buchen, die die Schüler gegenüber linksextremem Gedankengut sensibilisieren. Gefördert wird das Projekt »Alles Geschichte? – Linksextremismus heute« vom Bundesfamilienministerium. Die Jungle World sprach mit einem Mitarbeiter der Gedenkstätte.

Wurden Ihre Seminare zu Linksextremismus bisher oft gebucht?
Bis jetzt gab es knapp 100 Einsätze. Thematisch sind die Seminare abhängig von den jeweiligen Lehrern, die uns buchen. Da kann es dann um kommunistische Geschichte gehen oder zum Beispiel um linksextremistische Musik.
Auf Ihrem Flyer steht unter anderem: »Die LINKE – eine extremistische Partei?« Hat die Partei sich deswegen schon mal bei Ihnen gemeldet?
Nein, da ist mir nichts bekannt. Bis jetzt hat sich bei uns niemand beschwert.
Gab es während der Seminare auch kritische Stimmen oder wird das Programm von den Schülern so angenommen?
Feedback gab es schon, aber das ist noch bei den Kollegen, die die Projekte direkt betreuen. Es hat auch noch keine grundsätzliche Auswertung gegeben. Die wird erst Ende des Jahres stattfinden.
Marx wird an jeder Universität gelesen. In Ihrem Programm taucht er als Quelle linksextremistischen Gedankenguts auf. Bin ich schon Linkextremist, wenn ich »Das Kapital« lese?
Dazu kann ich Ihnen jetzt so nichts sagen. Vielleicht sprechen Sie da besser noch einmal mit meinen Kollegen, die sich inhaltlich mit dem Thema beschäftigen.
Was entgegnen Sie Leuten, die sagen, dass Ihre Förderungsgelder besser in Präventionsmaßnahmen gegen Rechtsextremismus angelegt wären?
Ich denke, es ist schwierig, das gegeneinander aufzurechnen. Es müsste natürlich Prävention gegen Links- und Rechtsextremismus stattfinden. Natürlich ist das NSU-Thema gerade unglaublich aktuell und die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte sind haarsträubend. Aber linksextremistische Bestrebungen gibt es ja auch vermehrt in den letzten Jahren. Die Präventionsarbeit muss deshalb Hand in Hand gehen. Wir konzentrieren uns hier auf Linksextremismus, weil es an diesem Ort einfach keine Nazihistorie gibt. Die Gedenkstätte ist ein Ort, dessen Geschichte ab 1945 beginnt, deshalb beschäftigen wir uns mit Kommunismus.