Schlechte Laune?

Nachdem nun wirklich alle selbsternannten Internetexperten und -expertinnen in irgendeinem mehr oder weniger wichtigen Medium länglich die großen, großen Teilhabechancen und gesellschaftsverändernden Möglichkeiten, die sich durch das Internet ergeben, beschworen, erklärt und sicherheitshalber noch einmal beschworen und erklärt haben, bleibt die eigentliche Frage nach wie vor unbeantwortet: Wovon haben die Leute eigentlich schlechte Laune und unheilbare Empörung bekommen, als es noch kein Internet und keine sozialen Netzwerke wie Twitter und Facebook gab?
Denn neben großer Teilhabechance und gesellschaftverändernder Möglichkeit ist das Internet vor allem eines: ein riesengroßer Behälter voller unendlicher Empörung und Neid, Missgunst und ja, genau, mieser Laune. In dem sich unermüdlich aufgeregt wird, über das Fernsehprogramm, die Politik, die Preise, das Wetter, den Nah- und Fernverkehr und, natürlich, die anderen. Egal, zu welcher Uhrzeit man sich beispielsweise bei Twitter einloggt, irgendwer ist immer sauer auf einen dieser anderen – weil der irgendwas Dummes gepostet hat, vielleicht, oder die falschen Leute retweetet, oder eben nix gesagt hat, was alles insgesamt jedenfalls un-er-hör-te Vorfälle sind, die sofort und auf der Stelle thematisiert gehören.
Ignorieren, also einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen, was jemand, den man nicht leiden kann, irgendwo in diesem Internet treibt, kommt nämlich im Programm der meisten Social-Dingens-Nutzer nicht vor. Aus Facebook-Gruppen wegzubleiben, in denen Leute abweichende Meinungen verbreiten, geht anscheinend ebenso wenig wie auf Twitter Idioten auszublenden – und so wird sich tagaus, tagein unermüdlich empört und miese Stimmung verbreitet. Es gibt nämlich anscheinend vor allem eines: das Recht auf Schlechte-Laune-Teilhabe.