Der Nicht-Italiener

Er fühle sich jetzt freier, sagte der italienische Ministerpräsident Mario Monti, nachdem er am Sonntag seinen Rücktritt angekündigt hatte. Seitdem wird darüber spekuliert, was er mit dieser Freiheit anstellen werde. Ob er bei den Parlamentswahlen Mitte Februar antreten wird, lässt er offen, dieser Schritt gilt jedoch als so gut wie sicher. Die eigentliche Frage lautet daher weniger »ob«, sondern eher »mit wem?« Im italienischen politischen Establishment hat der professore durchaus seine Fans. Insbesondere im katholisch-konservativen Lager, mit Ausnahme von der Partei Silvio Berlusconis. Aber auch der Vorsitzende der Demokratischen Partei sagte, im Falle eines Sieges der Linken könne er sich einen Ministerposten für Monti vorstellen.
Mehrfach haben internationale, vor allem deutsche Medien Montis »unitalienischen« Stil gelobt. Häufig wird er mit Adjektiven wie »nüchtern«, »bescheiden« und sogar »elegant«, beschrieben und mit Tugenden wie Verbindlichkeit, Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit in Verbindung gebracht – Begriffe, die in der italienischen Politik längst zu Fremdwörtern geworden waren. Was diese vermeintlichen Qualitäten im derzeitigen Kontext Italiens bedeuten, hat man im vergangen Jahr jedoch ziemlich schnell verstanden. »Lacrime e sangue«, Tränen und Blut, ist zur Redensart geworden, um die Politik der Regierung der Techniker zu beschreiben. Der bescheidene Retter aus der Krise hat nicht nur harte Sparmaßnahmen beschlossen, er wird den Job auch noch verantwortungsbewusst zu Ende bringen und erst nach der Verabschiedung des Haushaltes 2013 kurz vor Jahresende zurücktreten. Was das bedeutet, ist kein Geheimnis. Was »die Märkte«, die EZB und die deutsche Bundeskanzlerin »Bemühungen um die Refinanzierung« nennen, erleben viele in Italien als Absturz in die Armut: Das statistische Bundesamt meldet, für 28,4 Prozent der italienischen Bürgerinnen und Bürger bestehe derzeit ein Armutsrisiko, dieser Wert sei im vergangenen Jahr um 2,6 Punkte gestiegen.
Der kommende Wahlkampf wird für den schüchternen Monti kein Spaziergang werden. Nicht nur wegen der Rückkehr der »Mumie« Silvio Berlusconi. Auch ein weiterer Volkstribun, der antipolitische Populist und Komiker Beppe Grillo, wartet mit seiner »Fünf-Sterne-Bewegung« nur auf die Chance, es »denen da oben zu zeigen«. Unseligerweise stehen die Chancen gar nicht so schlecht. Ach ja: Eine linke Partei gibt es auch. Ist aber kaum erwähnenswert.