»Es gibt da wie immer zwei Seiten«

In Berlin macht man sich längst über den »leisesten Flughafen der Welt« lustig, dessen Fertigstellung fast täglich weiter aufgeschoben wird. Die Bürgerinitiativen gegen den Fluglärm sind trotzdem weiter aktiv. Bernd Röstel von der »BI Lichtenrade/Mahlow-Nord gegen Fluglärm« erzählt von dem zwiespältigen Verhältnis der Anwohner zum Flughafen-Skandal.

Das Desaster um die immer weiter aufgeschobene Fertigstellung des Flughafens hat Ihrer Kampagne gegen Fluglärm ganz schön den Wind aus den Segeln genommen und sie nahezu völlig aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt. Ärgert Sie das?
Nein, wir sehen uns dadurch eigentlich vielmehr in Teilen unserer Kritik, die wir an dem Flughafen, seiner Planung und der Baudurchführung haben, bestätigt. Das hat unsere Kritik im Grunde besser zum Ausdruck gebracht, als wir es selbst gekonnt hätten. Gleichzeitig ist es natürlich auch so, dass wir dadurch länger vom Fluglärm verschont bleiben, als wir es uns erhofft hatten.
Aber wenn das so ist, warum legen Sie nicht einfach eine Weile die Füße hoch und genießen die Ruhe?
Das ist eine gute Frage. Unser Weg als Bürgerinitiative in Lichtenrade war stets der, zu versuchen, Öffentlichkeit herzustellen und unsere Betroffenheit zu artikulieren. Wir waren immer bemüht, konstruktiv zu arbeiten und nicht nur unsere Empörung herauszurufen. Das bedeutet natürlich, dass man auch kontinuierlich im Diskussionsprozess und auf dem Laufenden bleiben muss. Da verbietet es sich von selbst, sich zurückzulehnen.
Fühlt es sich nicht ein wenig seltsam an, wenn plötzlich alle die möglichst baldige Fertigstellung des Flughafens fordern, während Sie ganz froh sind, dass es noch ein wenig dauert?
Es gibt da wie immer zwei Seiten. Denjenigen, die weiter weg sind, fehlen leider oftmals das Interesse an den Bedürfnissen derjenigen, die direkt betroffen sind, und das Verständnis für sie.
Sie scheinen momentan so ziemlich die einzigen zu sein, die tatsächlich noch glauben, dass der Flughafen einmal fertig wird. Woher nehmen Sie diese Gewissheit?
Die Politik ist halt im Zugzwang. Es ist viel Geld investiert worden, und die Vergangenheit hat gezeigt, dass es der Politik sehr schwer fällt, innezuhalten, Bilanz zu ziehen und daraus dann auch logische Schlüsse abzuleiten. Statt nach einer Alternative zu suchen, wird lieber immer mehr Geld investiert, nur um das sinkende Schiff am Sinken zu hindern.