Last Zombies

Alle Akten sind geschreddert, alle Zuständigen versetzt, alle Medien auf das Mantra von »Ermittlungspannen« eingeschworen – nur eines fehlte noch, um die NSU-Affäre als endgültig gelöst zu betrachten: ein Spiegel-TV-Spezial, das deutsche Eichmaß historischer Objektivität. Um Neujahr herum begann sie dann endlich, die Aufarbeitung durchs Sturmgeschütz der Demokratie; und zwar unter dem geradezu genialen, ja feuerwerkshaften Titel »Rechts, dumpf, tot – Die neuen Nazis«. Allein dies wäre schon fernsehpreiswürdig, enthält doch jedes Wort eine eigene frohe Botschaft. So sind die neuen Nazis – rechts! Man muss es dem Publikum, das vor lauter DDR, Gauck, Honecker und Bummtata nicht ein noch aus weiß, wohl wirklich extra sagen: Die neuen Nazis haben mit dem Sozialismus nichts zu tun, sie sind Rechtsnazis, also so eine Art CDU-Stasi. Dann aber sind sie auch noch – dumpf! Lächerliche, einfältige Figuren ohne Abitur sind sie, arische Weißclowns, die über ihre übergroßen Springerstiefel stolpern. Die lustigen Trottel vom NSU, die nach dem Morden in winzigkleine Autos sprangen, sich gegenseitig an weißen Rosen schnuppern ließen und explodierende Geschenkpakete überreichten – viel zu dumpf waren sie, als dass sich der Spiegel mit ihnen befasst hätte; da war eine Türkenmafia als Täter doch die viel undumpfere Geschichte. Doch vor allem sind die neuen Nazis – tot! Zombiehaft zogen sie ein paar Jahrzehntchen durchs Land, künstlich am Leben gehalten durch ihren Hass und die finanziellen Zuwendungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung – doch tot sind sie ja nun, immerhin, tot wie Hitler; und wenn Beate Zschäpe dereinst friedlich im Altersheim entschläft, ist auch der letzte deutsche Nazi für immer dahingegangen.

Leo Fischer ist Chefredakteur des Satiremagazins Titanic.