Unbeholfen, aber authentisch

Nach Ariel Sharon und Avigdor Lieberman ist er Spiegel Online zufolge der neue israelische »Bulldozer«: Naftali Bennett. Der 40jährige Vorsitzende der Partei »Jüdisches Haus« ist der Shooting Star der israelischen Politik. Innerhalb weniger Wochen ist es ihm gelungen, den religiösen Zionismus parteipolitisch wiederzubeleben. Manche Umfragen sehen Bennetts Partei sogar mit 18 Knesset-Sitzen an zweiter Stelle hinter dem Parteienbündnis von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Damit würde Bennett die Zahl der Parlamentssitze seiner Partei versechsfachen. Bennett kann. obwohl er noch jung ist, bereits auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken. Er leistete seinen Militärdienst in der Spezialeinheit Sayeret Matkal, hat einen Abschluss in Jura, gründete ein Software-Unternehmen, verkaufte es für umgerechnet 110 Millionen Euro, diente während des zweiten Libanon-Kriegs als Reservist, wurde im Anschluss Stabschef von Netanyahu und schließlich Generalsekretär des Jescha-Rats, des Dachverbands der israelischen Siedlungen. Im vergangenen Jahr führte er die beiden religiös-zionistischen Parteien »Nationale Union« und »Jüdisches Haus« zusammen und wurde zum Spitzenkandidaten gewählt.
Bennett bringt etwas mit, das vielen israelischen Politikern abgeht: Er ist jung, nicht der Korruption verdächtig und irgendwie authentisch. Sein Erfolg ist aber auch ein Ergebnis der Aufwertung der Palästinensischen Autonomiebehörde durch die UN im vergangenen Jahr. Viele Israelis fühlten sich damals alleingelassen. Bennett fordert die Annektion von 60 Prozent des Westjordanlands, die Welt werde das nicht anerkennen, sich aber daran gewöhnen, lautet sein etwas naives Credo. Seine Aussage, er könne nicht mit gutem Gewissen als Soldat den Befehl ausführen, jüdische Siedlungen zu räumen, sorgte zwar für Entrüstung, aber geschadet hat sie ihm nicht. Andere Positionen, die im Wahlkampf bisher eine untergeordnete Rolle gespielt haben, sind nicht minder problematisch, etwa seine Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Auch sicherheitspolitisch tritt Bennett unbeholfen auf. So schlug er vor, das Budget der israelischen Armee um 600 Millionen Euro zu kürzen. Solche Ideen in Zeiten des Konflikts mit dem Iran zeugen nicht von strategischer Weitsicht.