Die Intervention in Mali

War on demand

Die französische Militärintervention in Mali entspricht nicht dem Muster neo­kolonialer Politik.

Der Zeitplan stand. Eine Intervention gegen die Jihadisten, die Nordmali besetzt halten, könne »nicht vor September 2013« stattfinden, sagte Romano Prodi, der UN-Sondergesandter für den Sahel, im November vorigen Jahres. Man müsse zuvor malische Soldaten ausbilden und wolle zudem Zeit für die »Suche nach einer politischen Lösung« gewinnen. Als »Gemäßigte« wurden die Kämpfer der Ansar Dine ausgemacht, mit ihnen wurde bereits verhandelt.
Es war jedoch ein Sprecher von Ansar Dine, Abdou Dardar, der am Donnerstag vergangener Woche der Nachrichtenagentur AFP mitteilte, man habe die Stadt Konna eingenommen und werde weiter vorrücken. Dardar gab an, auch im Namen der beiden anderen islamistischen Gruppen, Mujao (Bewegung für Monotheismus und Jihad in Westafrika) und Aqmi (al-Qaida im Islamischen Maghreb), zu sprechen, deren Kämpfer sich offenbar an der Offensive beteiligen. Möglicherweise fühlten sich die Jihadisten durch die zögerliche Haltung der »internationalen Gemeinschaft« ermutigt und glaubten, man werde sie auch den Süden Malis erobern lassen; vielleicht wollen sie einen Showdown in der Wüste provozieren.
Dem überraschenden Angriff folgte eine französische Militärintervention. Mehr als 750 Soldaten wurden eingeflogen, die französische Luftwaffe griff Stellungen der Jihadisten an. Deutlicher tritt nun eine neue französische Afrika-Strategie hervor. Bereits die Militärintervention in Libyen wurde maßgeblich von Frankreich initiiert, und die neue sozialdemokratische Regierung setzt in Mali diese Politik ihrer konservativen Vorgängerin fort. Es gibt weiterhin neokoloniale Beziehungen zu einigen afrikanischen Staaten, doch scheint sich Frankreich auf die politischen Veränderungen einzustellen.
Während die US-Amerikaner sowie die Briten mit sich selbst beschäftigt sind und die Deutschen noch nicht begriffen haben, was gespielt wird, versucht Frankreich, erneut eine Führungsrolle einzunehmen – aber auf einer neuen politischen Grundlage. Es geht nicht mehr darum, einen verbündeten Diktator an der Macht zu halten. Wie in Libyen handelt es sich um einen war on demand, einen Militäreinsatz, um den ausdrücklich gebeten wurde. Der malische Übergangspräsident Dioncounda Traoré dürfte mit seinem Hilfsersuchen an Frankreich auch das Ziel verfolgt haben, seine Position gegenüber den von Amadou Sanogo geführten Putschisten zu stärken, die noch immer einflussreich sind. Einen weiteren Putsch wird Sanogo kaum wagen, solange ausländische Truppen im Land sind.
Man kann davon ausgehen, dass die französische Regierung militärische Hilfe nicht uneigennützig gewährt. Überdies haben die mangelnde Unterstützung für die Demokratisierung Malis, das westliche Bündnis mit den Golfmonarchien, die salafistische Bewegungen in Afrika unterstützen, und die Duldung des Waffen- und Söldnertransfers nach dem Sturz Muammar al-Gaddafis zum Desaster in Nordmali beigetragen. Doch der Bevölkerung in der Region helfen solche Erwägungen nicht. Es ist einmal mehr deutlich geworden, was von feinsinnigen Unterscheidungen zwischen gemäßigten und wirklich bösen Jihadisten zu halten ist, und dass das gemächliche Tempo der internationalen Diplomatie nicht zum Frieden beiträgt, wenn man es mit ideologisch gefestigten Fanatikern zu tun hat.