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Sicher ist es Ihnen schon einmal aufgefallen: In der Jungle World geht es manchmal zu wie in einem Pornomagazin für Schwule oder Heteras – seitenweise Männer. Bei fast jeder Blattkritik und auch von vielen Leserinnen und Lesern müssen wir uns fragen lassen: Wo sind die Autorinnen? Es gibt zwar Ausgaben, in denen das Verhältnis von männlichen und weiblichen Autoren recht ausgeglichen ist, aber meistens herrscht Frauenmangel. Oder hieße das jetzt besser: »Verhältnis von männlichen und weiblichen Autorinnen und Autoren«? Aber hier ist das eh egal, statt Worte zu »gendern«, wird meist das »generische Maskulinum« bevorzugt, als Ausdruck ultimativer Queerness – alle und alles dürfen sich da von vornherein eingeschlossen fühlen. Diese Sprachregelung unterstützt übrigens nicht nur die Mehrheit der hier beschäftigten Männer, sondern auch der Frauen – beide natürlich ohne Sternchen, denn * darf man hier ebenso wenig schreiben wie frau. Dennoch haben Männer hier meist das letzte Wort: Das Lektorat ist rein männlich besetzt, nur in Ausnahmenfällen – wenn Not am Mann ist sozusagen – korrigieren auch Lektorinnen die Artikel. Na gut, Schluss mit den Herrenwitzen. Ansonsten gleicht die Redaktion ja einem Paradies des Gendermainstreaming: Es arbeiten hier fast genauso viele Frauen wie Männer und alle dürfen mitbestimmen. Die Auf­gaben im Haushalt, wie putzen, einkaufen, Müll rausbringen, werden gerecht aufgeteilt, jede und jeder hat feste Zuständigkeiten. Die Verantwortung für die Reinigung des Toilettenbereichs liegt sogar ganz in Männerhand, was in binären Geschlechtervorurteilen denkenden Menschen manchmal auffallen mag. Dem Klischee »Männer-WG« werden hier aber alle Geschlechter gemeinsam ganz gut gerecht. Eine »Chefetage« in diesem Sinne gibt es bei der Jungle World nicht, also hat sich das mit den Führungspositionen auch erledigt – wer die lauteren Argumente hat, gewinnt. Zwar existiert der Posten CvD (»Chef vom Dienst«), aber darauf hat einfach keine Frau Bock, der »Chef« im Namen beinhaltet eigentlich keine besondere Machtfülle und gegen eine »Chefin vom Dienst« hätte sicher auch niemand etwas einzuwenden. Woran mag es also liegen? Daran, dass Männer gern zu allem ihren Senf dazugeben und Frauen sich weniger zutrauen? Dieses Klischee wollen wir eigentlich gar nicht bedienen, es mag ja nur Zufall aufgrund der individuellen Vorlieben der Redaktionsmitglieder sein. Nachdenklich stimmt uns aber, dass die Zeitung nicht nur zu zwei Dritteln von Männern geschrieben, sondern unserer Umfrage zufolge auch mehrheitlich von Männern gelesen wird. Nein, ein Herrenmagazin wollen wir nicht sein. Über das Pornomagazin könnten wir ja nochmal reden … Ansonsten: Frauen, lest und schreibt!