Der Offliner

Angela Merkels bester Wahlhelfer heißt Peer Steinbrück. Auf ihn ist Verlass, hundertprozentig. Die Kanzlerin muss im Prinzip nur in aller Seelenruhe bis zum 22. September abwarten, die Dinge einfach laufen lassen, und schon fällt ihr der Sieg quasi in den Schoß. Denn ihr SPD-Herausforderer legt inzwischen eine beeindruckende Konstanz an den Tag – wenn es um taktische Fehler geht. Erst die quälende Debatte über üppige Honorare und Nebeneinkünfte. Dann die Aufregung über einen angeblichen Frauenbonus der Amtsinhaberin und ein allzu schmales Kanzlergehalt. Dazwischen ein Online-Berater, der früher mal als »Hedgefonds-Heuschrecke« Geld machte.
Mittlerweile dürfte selbst den gutgläubigsten und wohlmeinendsten Genossen im Willy-Brandt-Haus klar geworden sein: Das Ganze ist ein ziemlich großes Missverständnis. Ihr Kandidat kann Kandidat einfach nicht. Ihm mangelt es schlicht am notwendigen Geschick, an Augenmaß und Weitsicht. Jüngstes Beispiel: der »peerblog«, ein ominöses Internet-Projekt, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Aus vielerlei Gründen.
Das fängt schon bei der dubiosen Finanzierung an. Fünf Unternehmer aus Nordrhein-Westfalen sollen einen sechsstelligen Betrag zur Verfügung gestellt haben, um Steinbrück nach Kräften digitalen Flankenschutz zu geben. Merkwürdig nur, dass die Geldgeber partout anonym bleiben wollten. Und das in Zeiten, in denen das Wort »Transparenz« zu Recht Bedeutung hat – auch bei den Repräsentanten der Sozialdemokratie. Dennoch scheuten die Sozis sich offenbar nicht, diese Art billiger Wahlkampfhilfe in Anspruch zu nehmen. Selbst auf die Gefahr hin, dass es sich womöglich um unzulässige, weil verdeckte Parteienfinanzierung handelt.
Dennoch ging der Blog vor einigen Tagen online und war, schwuppdiwupp, wieder offline. Via Twitter hieß es: »Das war’s. Der #PeerBlog ist Geschichte.« Begründet wurde das Abschalten mit fiesen Hackerangriffen. Das mag man glauben oder nicht. Sollte es sich allerdings tatsächlich so verhalten, die Macher des Blogs müssten den Cyberkriegern dankbar sein. Schließlich haben sie den Kandidaten und dessen Berater vor einem noch peinlicheren Irrtum bewahrt.
Denn schon im Ansatz basierten die wackeligen Schritte in der digitalen Medienwelt auf der naiven Fehleinschätzung, mit einem Blog allein könnte man im Web effektiv PR in eigener Sache betreiben. Hierzulande werden Wahlkämpfe aber eben nicht im Internet entschieden. Noch nicht. Allerdings kann es sehr wohl hilfreich sein, sich angemessen im Netz zu präsentieren. Steinbrück und den Seinen misslingt dies in geradezu haarsträubender Weise. Vielleicht hilft ja Angela Merkel mit Grundwissen ein wenig aus. Einfach eine SMS schicken. Das wird der Offline-Kandidat ja hoffentlich können.