Sag nie wie

Die werberische Zurichtung von Fleisch wird kniffliger in einer Zeit, da die Anti-PR von den »toten Leuten im Kühlregal« auch in den Mainstream sickert. Zahlreiche Entfremdungsschritte braucht es, um tote Muskelfaser, notwendig das Produkt von Gewalt, zum Lebensgefühl zu stilisieren. Die tumbe Leckerlecker-Attitüde der Deutschländerwürstchen ist schon ein Akt bewusster Regression: Was da an Schlachtabfällen aus der Folie fällt, ist natürlich alles andere als Genuss; und wer anderes behauptet, lebt Fleischverzehr schon als Ressentiment, als Protest gegen erzwungene Nachhaltigkeit und oktroyierte Ethik. Doch irgendwo zwischen den ideologischen Klüften von Freeganertum und »Karnismus« lebt ein Volk, das es allen recht machen will: die Konsumenten der Wie-Produkte. »Merkt man gar nicht« ihr Wahlspruch, Selbstbetrug ihr Lebensglück, haben sie im schönen Radolfzell ihre Zentrale. Dort sitzt die Firma Heirler, Produzentin herrlicher, zum menschlichen Verzehr geeigneter Produkte namens »Wie feine Salami«, »Wie Lyoner« und »Wie Cordon Bleu«. Auch Deftiges wird geboten: »Wie Grillteller« und »Wie Chili con carne« warten nur auf Menschen, die »anders genießen« wollen. Ekel – der andere Genuss! Traurig auf dem Imitat kauen und sich einreden, keinen Unterschied zu schmecken, bedingt notwendig die Erinnerung ans Original, setzt schon die ganze Fleischindustrie voraus. Wer sie abschaffen will, darf keine Wie-Produkte verzehren. Sonst ist es nur eine Frage der Zeit, bis »Wie verschmurgelte Chickennuggets«, »Wie Kuttelsuppe« und »Wie Analogschinken« den Irrsinn, die Verirrungen des Fleischkonsums vegetarisch zu reproduzieren, komplett machen.

Leo Fischer ist Chefredakteur des Satiremagazins ­Titanic.