Macht ist Wissen

Platz 17 auf einer weltweiten Rangliste der Pressefreiheit. Dort hat das Netzwerk »Reporter ohne Grenzen« Deutschland eingeordnet. Nicht unter den Top Ten – dort stehen zum Beispiel Finnland, Norwegen und Luxemburg –, aber immerhin recht weit vorne, wenn man bedenkt, dass die Situation in 179 Ländern untersucht wurde. Deutschland hat immerhin Costa Rica und Namibia hinter sich gelassen. Dafür rangieren Jamaika, Andorra und Neuseeland deutlich weiter vorn. Ein Ruhmesblatt ist die Platzierung also nicht. Deutschland wurde im Vergleich zu 2011 sogar um einen Platz zurückgestuft – vor allem, weil die hiesige Presselandschaft ihre Vielfalt einbüßt. Und weil es PR-Agenturen und Wirtschaftsunternehmen immer häufiger gelingt, ihre Inhalte in den Medien zu platzieren.
So weit, so schlecht, so beunruhigend. Doch womöglich wird es Deutschland beim nächsten Ranking der Pressefreiheit nicht einmal mehr unter die Top 20 schaffen. Denn die »Reporter ohne Grenzen« monieren, dass Journalisten nur mit großen Mühen an Behördeninformationen gelangen. Anfragen würden oft nur im Schneckentempo und zuweilen sogar gegen hohe Gebühren beantwortet. So kann man das Auskunftsrecht auch aushöhlen. Und vermutlich wird davon bald ohnehin nur noch wenig übrigbleiben – mit dem Segen des Bundesverwaltungsgerichts. Die Richter haben vergangene Woche nämlich ein Urteil verkündet, das der Willkür in Ämtern und Ministerien Tür und Tor öffnet, indem Recherchen vom Wohlwollen der Behörden abhängig gemacht werden. Herrschaftswissen kann so unter Verschluss bleiben. Es lebe die Obrigkeit!
Dabei stärkt das Urteil auf den ersten Blick die Rechte der Presse. Denn wer Auskunft fordert, kann sich nun auf Artikel 5 des Grundgesetzes berufen, wo es unter anderem heißt, dass man sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert informieren kann. Doch der schöne Schein trügt. Denn das Gericht hat auch dekretiert, Landespressegesetze seien auf Bundesbehörden und -ministerien nicht anwendbar. Es gibt also keine auf Paragraphen gründende Handhabe, etwas anzufordern. Schlimmer noch: Die Richter entschieden, dass Auskünfte nur erteilt werden müssen, wenn die entsprechenden Informationen aktuell vorliegen. Sollte es aber irgendwie »aufwendig« sein, diese zusammenzutragen, kann die Behörde genervt aufheulen: Sorry, nicht zu schaffen! Der Journalist steht dann dumm da. Und die Öffentlichkeit mit ihm. Nun ist das zwar alles noch keine Katastrophe für Demokratie und Freiheit. Von somalischen, nordko­reanischen und zimbabwischen Verhältnissen sind wir hierzulande meilenweit entfernt. Doch wird die Kontrolle der Regierenden dadurch erschwert. Und das heißt: Selbst der 17. Platz beim Ranking der Pressefreiheit ist in Gefahr. Costa Rica und Namibia können hoffen.