Kanzler im Wok

Es ist vollbracht, endlich. Das hat aber auch gedauert. Vor allem bei der ARD gab es in den vergangenen Wochen ein Hauen und Stechen darum, wer denn nun Kanzlerin Angela Merkel und Kanzlerkandidat Peer Steinbrück beim TV-Duell befragen darf. Das Gerangel um den freien Platz beim Polit-Talk des Jahres – für den öffentlich-rechtlichen Sender offenbar ein echtes Politikum – konnte letztlich Anne Will für sich entscheiden. Die Männerriege mit Ulrich Deppendorf, Frank Plasberg und Günther Jauch hatte das Nachsehen. Bei ZDF, RTL und Pro Sieben/Sat 1 ging die Sache wesentlich schneller über die Bühne. Deren Moderatoren sind: Maybrit Illner, Peter Kloeppel und Stefan Raab. Also heißt es voraussichtlich am 8. September, zwei Wochen vor der Bundestagswahl: vier gegen zwei.
Alles paletti, möchte man meinen. Wäre da nicht dieser unsägliche Streit um Raabs Befähigung, der Kanzlerin und dem Kandidaten politisch auf den Zahn zu fühlen. »Ausgerechnet Raab!« heißt es aus überheblich ­daherplappernden Mündern. Ein intellektuelles Leichtgewicht sei der 46jährige. Einer, der allein für das seichte Format stehe. Raab könne zwar Wok-WM, Song-Contest und Turmspringen, aber für Seriöses komme er einfach nicht in Frage. Überhaupt sei der Entertainer ja gar kein Journalist.
Auch Klartext-Peer war sogleich davon überzeugt: Raab ist unwürdig, ihm ein paar Fragen zu stellen. Politik sei nun mal »keine Unterhaltungssendung, sondern ein ernstes Geschäft«, polterte der SPD-Mann. Die Amtsinhaberin dagegen ging erneut deutlich cleverer zu Werke. Merkel, ganz Staatsfrau, sprach sich weder für noch gegen einen Moderator aus. Die Sender würden selbstverständlich allein darüber entscheiden, wer sie vertritt. Vielleicht freut sich die Kanzlerin ja sogar insgeheim auf den Schlagabtausch mit Raab. Warum auch nicht?
Raab ist frech, unkonventionell, schnell im Denken und ein kreativer Kopf. Das hat er mehrfach bewiesen, zuletzt mit seiner eigenen Polit-Talkshow »Absolute Mehrheit«. Dort werden die Gäste von Raab immer wieder mit Dreistigkeit befragt. Am Ende der Sendung entscheidet dann das Publikum, wer die Diskussion gewonnen hat. Vielleicht ein vielversprechender Ansatz, um das reichlich dröge TV-Duell zwischen Kanzlerin und Herausforderer etwas aufzupeppen. Auch Steinbrück könnte an einem derartigen Format durchaus Gefallen finden. Schließlich lautet das Motto bei »Absolute Mehrheit« mit gutem Grund »Meinung muss sich wieder lohnen«. Demjenigen, der das Voting für sich entscheidet, winkt nämlich eine Art Honorar. Mit dieser Sorte von Zuwendung kennt sich der bekennende Nebenverdienstler ja gut aus. Aber Achtung, Genosse: Spendenbescheinigung nicht vergessen!