»Massiv manipuliert«

Djibouti ist ein kleines Land von knapp einer Million Einwohnerinnen und Einwohnern am Horn von Afrika. Als letzte französische Kolonie auf dem afrikanischen Kontinent wurde es 1977 unabhängig. Es dient mehreren Großmächten als ständige Militärbasis. Einheiten der französischen Fremdenlegion, der US-Armee sowie der Bundeswehr sind dort stationiert. Am 22. Februar fanden Wahlen statt, deren Ergebnisse nach Auffassung vieler Beobachter gefälscht wurden. Über die Lage im Land sprach die Jungle World mit Asma Djama, einer Juristin aus Djibouti. Ihr wirklicher Name ist der Redaktion bekannt.

Sie wollen nur unter Pseudonym mit uns zu sprechen. Warum?
Die Repression ist derzeit omnipräsent. Es ist auch wahrscheinlich, dass unser Telefonat abgehört wird. Auch der E-Mail-Verkehr wird allgemein überwacht. Meine letzten Antwortmails an Sie kamen übrigens alle zurück, obwohl die Adresse stimmte. Wahrscheinlich war ihr Inhalt zu kritisch.
Wie würden Sie die generelle Situation charakterisieren?
Der seit 1999 amtierende Präsident Ismail Omar Guelleh hatte sich zur Wiederwahl gestellt. Bereits als er im Februar 2011 die Verfassung ändern ließ, um überhaupt wieder antreten zu können, kam es zu heftigen Unruhen, die mit Schusswaffen niedergeschlagen wurden. Das stand auch im Kontext des »Arabischen Frühlings«, unser Land ist Mitglied in der Arabischen Liga.
Und die Wahlen selbst?
Die Ankündigung von transparenten Wahlen war ein Hohn. Es wurde massiv manipuliert. Grotesk ist es, wenn behauptet wird, die Regierungspartei UMP (Union für die Präsidentenmehrheit) habe sogar in der Hauptstadt Djibouti-City mit 49,4 Prozent knapp vor dem Oppositionsbündnis USN (Union für die nationale Rettung) mit 47,6 Prozent gelegen. Das ist ein Witz, die Hauptstadt ist eine Hochburg der Opposition. Auch wenn Guelleh immer wieder die ethnische Karte spielt: alte Feindschaften zwischen Afar, Issa und anderen Bevölkerungsgruppen.
Wie wird reagiert?
Seit Bekanntgabe der Ergebnisse am 25. Februar gibt es massive Proteste. Vorige Woche wurden auf einer Demonstration von Oberschülern vier Menschen erschossen. Die drei wichtigsten Anführer der USN sind im Gefängnis. Mindestens 850 Menschen wurden festgenommen, darunter auch einige Geistliche, die der Muslimbrüderpartei MoDel nahe stehen. Trotzdem erkannte der französische Botschafter, René Forceville, die Wahlergebnisse als »glaubwürdig« an. Das war das Signal, auf das die Regierung gewartet hatte.