Was wir wollen sollten

Selbstverständlich war die Demonstration zum Frauenkampftag am 9. März langweilig. Das ist nun mal so, heutzutage. Erst stehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Hermannplatz in der Kälte herum und warten darauf, endlich loszugehen. Spartakisten und Angehörige anderer linker Splittergruppen verteilen Flugzettel. Wie immer wehen auch ein paar rote Fahnen. Zugegebenermaßen ist es ein sehr schönes Rot. Weshalb aber überhaupt demonstrieren, wenn man sich doch nur langweilt? Drei Gründe sind denkbar. Demonstrationen können Druck ausüben, Perspektiven vermitteln und überzeugen oder aber die Gruppenidentität stärken. Meist geht es um eine Mischung aus allen dreien. Doch wer nur Druck macht, kann nicht darauf hoffen zu überzeugen. Wer nur überzeugen will, reibt sich an Dummheit oder Ignoranz auf. Daher scheint es sinnvoll, sich zunächst einmal die eigenen Ziele klarzumachen.
Die gerade einmal 300 Teilnehmenden dieser Demonstration hätten schon sehr entschlossen sein müssen, um irgendwelchen Druck zu erzeugen. Sie hätten sich uniform vermummen, ineinandergekrallt marschieren und Parolen brüllen müssen, während eine sich überschlagende Stimme den ganzen Weg über voller Hass ins Mikrofon brüllt. Doch nichts davon taten sie. Vielmehr waren die Fahnen schön rot, die Reihen lose, und die Lautsprecherdurchsagen alles andere als gebrüllt. Auch der »Frauen-Lesben-Trans-Block« ist überhaupt kein Block mehr. Er hieß nur noch so.
Allen guten Intentionen zum Trotz erreichte die Demonstration nichts von dem, was sie hätte erreichen können. Weder überzeugte sie, noch erzeugte sie irgendeinen Druck. Es passierte überhaupt nichts Aufregendes. Weder gab es Gewalt, noch wurde etwas Neues gesagt, keine bisher unausgesprochene Wahrheit, noch eine erhellende und aufregende Perspektive. Nur ein Haufen Linker, mit hübschen, roten Fahnen. Aber immerhin das.