Ein Vertreter der Boykottkampagne gegen Israel in Berlin

Tel Aviv ist nicht Kapstadt

Bei einer Veranstaltung im Berliner Taz-Café erhielt der Mitbegründer einer Kampgane, die zum Boykott Israels aufruft, die Gelegenheit, die Werbetrommel zu rühren.

Omar Barghouti, Mitbegründer der Kampagne »Boycott Desinvestment Sanctions« (BDS), befand sich vergangene Woche in Deutschland und trat am Mittwoch auf Einladung der Taz im Taz-Café in Berlin auf. Barghouti, der erbittert gegen den ökonomischen und akademischen Austausch mit Israel kämpft, erwarb seinen Master in Philosophie ausgerechnet an der Universität Tel Aviv. Das hält ihn jedoch nicht davon ab, den jüdischen Staat, dessen Vorgehen er mit dem der Nazis gegen die europäischen Jüdinnen und Juden vergleicht, als Apartheidsregime zu diffamieren und seine Abschaffung zu propagieren.

Das Publikum im Taz-Café störte sich an Barghoutis Verbalradikalismus offenbar nicht. Ohnehin waren vor allem Sympathisanten des paläs­tinensischen Wanderpredigers zu der Diskussionsveranstaltung erschienen. Mit Micha Brumlik, der ihm als Gegenspieler zur Seite gestellt worden war, konnte man fast Mitleid haben. Der Professor sparte zwar nicht mit Kritik an der israelischen Besatzungspolitik, doch als er die israelische Gesellschaft gegen den Vorwurf des Rassismus verteidigte, wurde er von einem Mann aus dem Publikum als Rassist beschimpft. Brumlik argumentierte, dass, wer die Besatzung beenden wolle, die israelische Gesellschaft nicht verschrecken dürfe. Barghouti dagegen bezeichnete den linken Zionismus – und damit auch Brumlik – als größten Feind der BDS-Bewegung.
»Die BDS-Kampagne wird erst dann zu Ende sein, wenn alle palästinensischen Flüchtlinge nach Tel Aviv zurückgekehrt sind«, sagte Barghouti. Eine Zwei-Staaten-Lösung widerspreche seinem Verständnis der Menschenrechte für Flüchtlinge. Auch die deutschen Vertriebenen hätten einen Anspruch auf Rückkehr, fügte er auf Nachfrage Brumliks hinzu.
Noch in der Veranstaltungsankündigung schrieb die Taz irreführend, dass die BDS-Kampagne für die Einhaltung des Völkerrechts werbe, doch als Brumlik daran erinnerte, dass Israel auch durch Beschluss der Uno anerkannt worden sei, fanden seine Worte keine Beachtung.

In christlichen und linken Kreisen wird der Ruf nach Abbruch wirtschaftlicher Beziehungen bereits als eine Art »BDS light« adaptiert. So warb etwa die katholische Organisation Pax Christi mit ihrer Aktion »Besatzung schmeckt bitter« mehr oder weniger direkt für den Boykott israelischer Lebensmittel und wurde dabei unter anderem vom Jenaer Bürgermeister Albrecht Schröter (SPD) unterstützt.
Vor diesem Hintergrund gab sich Barghouti im Taz-Café selbstbewusst und kündigte weitere Schritte in Deutschland an. Was das heißen könnte, zeigte sich im vergangenen Jahr, als Unterstützer der Kampagne eine Benefizveranstaltung des Jüdischen Nationalfonds störten und gegen eine israelische Theatergruppe protestierten. Dass Anhänger der Kampagne zumindest gelegentlich auch die Grenzen zum Rassismus überschreiten, zeigte sich, als im Februar an der Universität von Oxford George Galloway, ein Abgeordneter der linken »Respect Party« und Unterstützer der BDS-Kampagne, eine Diskussionveranstaltung verließ, weil einer der Teilehmer Israeli war. »Ich erkenne Israel nicht an, und ich diskutiere nicht mit Israelis«, sagte Galloway und ging.
Am erfolgreichsten war die Lobbyarbeit der BDS-Kampagne bisher im Europa-Parlament. Als das Parlament im Oktober 2012 beschloss, den Markt ihrer Mitgliedsländer für pharmazeutische Produkte aus Israel zu öffnen, stimmten fast alle sozialdemokratischen, grünen und linken Abgeordneten gegen das Abkommen, nachdem sie es zuvor bereits um rund zwei Jahre verzögert hatten, um gegen die israelische Siedlungspolitik zu protestieren. Dass die Produkte nach Auskunft der israelischen Botschaft gar nicht aus den Siedlungen kommen, störte sie offenbar nicht.
Selbst scharfe Gegner der israelischen Besatzung wie Noam Chomsky und Norman Finkelstein haben sich indessen von der BDS-Kampagne distanziert. Beide sprachen von Heuchelei, Chomsky gar von Antisemitismus. Bis zur Taz jedoch hat sich das offenbar noch nicht herumgesprochen.