Bloggen gegen die Brüder

Der Mann mit dem freundlichen Blick war schon vor dem Ende der Herrschaft Hosni Mubaraks ein Dorn im Auge der Staatsmacht Ägyptens. Alaa Abd al-Fattah ist einer der prominentesten Blogger Ägyptens und spielte für den Aufstand eine wichtige Rolle, da Blogger sich kaum zensieren lassen. Abd al-Fattah saß bereits 2005 und auch 2011 nach Mubaraks Sturz im Gefängnis und verpasste dabei unter anderem die Geburt seines Kindes. Nun steht er erneut unter Anklage. Ihm und vier anderen Regierungsgegnern wird vorgeworfen, zu Gewalt gegen die Muslimbrüder aufgerufen und sich an dieser beteiligt zu haben. Am 22. März, von vielen Oppositionellen als »Tag der Wiederaneignung der Würde« bezeichnet, kam es zu Protesten von Tausenden Regierungsgegnern vor dem Hauptquartier der Muslimbrüder in Kairo. Dem vorausgegangen waren mehrere Übergriffe von Muslimbrüdern auf Oppositionelle. Der Protest eskalierte zu heftigen Straßenkämpfen, in deren Verlauf 200 Menschen verletzt wurden und das Hauptquartier brannte. Präsident Mohammed Mursi hatte zuvor verkündet, wegen der schweren Unruhen in diesem Jahr werde er »notwendige Schritte einleiten«, um »die Nation zu schützen«.
Am Donnerstag vergangener Woche erschien Abd al-Fattah freiwillig bei der Staatsanwaltschaft, nachdem er eine Vorladung erhalten hatte. Begleitet wurde er von Hunderten mit ihm solidarischen Aktivistinnen und Aktivisten, die Sprechchöre gegen Mursi und die Muslimbrüder riefen und Schilder zeigten, auf denen zu lesen war: »Wir sind alle Abd al-Fattah!«. Nach einigen Stunden kam er wieder frei. Freiwillig gestellt habe er sich nur, um seiner Frau und seinem kleinen Kind eine erschreckende Hausdurchsuchung zu ersparen, er werde sich aber weigern, das Gerichtsverfahren anzuerkennen, erklärte er öffentlich. Die Vorwürfe gegen ihn nannte er einen »Witz« und sagte: »Wenigstens könnten die Typen vorher eine ordentliche Anklage erfinden.« Er sei erst am Ort des Geschehens aufgetaucht, als das Hauptquartier der Muslimbrüder schon längst in Flammen stand. In seinen vielbeachteten und preisgekrönten Blogs hatte er eindringlich von früheren Gefängnisaufenthalten berichtet: über die Zustände dort und die oft unschuldig inhaftierten Insassen. Sein Gefängnisaufenthalt 2011 führte zu einem öffentlichen Konflikt zwischen Opposition und Regierung. Sogar die Menschenrechtskommission der UN forderte damals seine Freilassung.