Schlampen bei »Le Monde«

Daniel Mordzinski. Zeitungsredaktionen sind traditionell so unaufgeräumt und chaotisch wie sonst nur die Jugendzimmer von pubertierenden 14jährigen. Das musste jetzt auch der argentinische Fotograf Daniel Mordzinski erfahren, der es eigentlich hätte wissen müssen, denn er ist ein alter Hase. Offenbar hat er dennoch große Teile seines Lebenswerks einer Zeitungsredaktion anvertraut und sie verloren – und schuld daran ist wohl die renommierte Le Monde. Mordzinski wirft der Redaktion vor, 50 000 Negative und Dias aus 27 Arbeitsjahren einfach in den Müll geworfen zu haben. Im Rahmen der Kooperation zwischen Le Monde und dem spanischen Blatt El País, für das er als Korrespondent arbeitet, nutzte er Büroräume der Redaktion in Paris, die nun ohne sein Wissen auf- und ausgeräumt wurden. Mordzinski, der für seine Porträts berühmter Schriftsteller bekannt ist, erhielt von Le Monde die Zusicherung, dass man klären werde, wie es zu dem Versehen kommen konnte. Dann sucht mal schön.   HER

Neue deutsche Volksmusik
Klöße-Song. Nun zu einem eher nervigen Zeitgenossen: Fritz Wagner ist erst 14, lebt in Thüringen, hat eine merkwürdige Bata-Illic-Gedächtnis­frisur und kocht und isst angeblich gerne Klöße. Von dieser abstrusen Leidenschaft handelt auch sein Youtube-Hit, der dem Schüler jetzt einen Plattenvertrag mit Warner Music einbrachte, nachdem das Video des Klöße-Songs mehr als zweieinhalb Millionen Mal angeklickt worden ist. Andere Jungs lassen sich von Dieter Bohlen zusammenstauchen oder proben jahrelang in Vatis Garage, dieser hier besingt Klöße, um Popstar zu werden. So ein authentisch-hausgemachter Internet-Überraschungserfolg ist das Schunkelstück »Für Klöße gehe ich meilenweit« aber nicht. Der Komponist und Musikproduzent Frank Kadanik steckt hinter dem Stück, das mit dem Charme des Selbstproduzierten spielt, aber doch nur schlimme Volksmusik ist. Das Lied über die Leibspeise der Thüringer wurde gleich in fünf verschiedenen Versionen aufgenommen. Damit’s auch wirklich klappt mit dem Kult.   HER

Väterchen Frust
Winter. »Alle reden vom Wetter, wir nicht«, war der Slogan eines berühmten Plakats des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) mit den Köpfen von Marx, Engels und Lenin. Geklaut war der Slogan zwar von einer Werbekampagne der Deutschen Bahn, aber das SDS-Plakat wurde wohl gerade deshalb ein Klassiker. Es traf den Nerv der dama­ligen Linken, die davon überzeugt war, ausschließlich über die wirklich wichtigen Dinge zu reden, und die für das bürgerliche Geschwätz übers Wetter nur Verachtung übrig hatte. Der Franzose Albert Camus beurteilte die Wetterfrage übrigens anders als die deutsche Linke. Für ihn waren Wetter und Klima durchaus politisch. Er meinte, dass der von Armut geprägte Alltag der Menschen in Algerien durch die Sonne zumindest aufgehellt würde, was in anderen armen Teilen der Welt eben nicht der Fall sei. Ist das Wetter also politisch? Keine Ahnung, jedenfalls fiel nicht nur der Winter deutlich zu dunkel aus, auch das Frühjahr war bisher deutlich zu kalt, und die Laune ist deutlich im Keller.  HER

Stinkiger Star
Grumpy Cat. Sie schaut so stinkig in die Welt wie früher nur die Thekenkraft in der HO-Gaststätte. Eigentlich heißt sie Tardar Sauce, wurde aber unter dem Namen Grumpy Cat zu einer Internet-Berühmtheit, nachdem ihre Besitzer ein Foto des extrem schlecht gelaunten Kätzchens aus Morristown/Arizona im Netz posteten. Inzwischen hat Grumpy Cat eine eigene Website, eine Riesenfangemeinde auf Facebook, es gibt einen Dokumentarfilm über sie und eine Menge Merchandising. Sie soll lieb und kerngesund sein und ihr mürrischer Gesichtsausdruck soll auf ihre Kleinwüchsigkeit zurückzuführen sein. Ihr Mir-doch-egal-Gesicht macht sie zum Buddha unserer Tage.   HER