Die Räumung des Instituts für Vergleichende Irrelevanz

Warten auf die letzte Party

Das Räumungsurteil ist vorerst ausgesetzt. Dennoch glauben die Besetzer des Instituts für vergleichende Irrelevanz in Frankfurt nicht an ein Weiterbestehen ihres Projekts am angestammten Ort.

Die Besetzerinnen und Besetzer können ihre ­eigene Verwunderung kaum verbergen. »Eigentlich rechnen wir seit Mitte Februar mit der Räumung. Es hat uns überrascht, dass es bislang nicht so weit kam«, sagt Shoshana, eine Mitarbeiterin des Institut für vergleichende Irrelevanz (IvI) im Kettenhofweg 130. Nachdem das Frankfurter Landgericht Mitte Februar entschieden hatte, dass das IvI als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) das Gebäude im Frankfurter Westend an den Eigentümer, die Franconofurt AG, abzugeben habe, rechneten die Besetzer mit einer baldigen Räumung (Jungle World 8/2013). Die Frankfurter Rundschau wählte Anfang März die Überschrift: »Die allerletzte Party, vielleicht«. Doch weder die angeschlagene Zeitung noch das seit 2003 bestehende Institut hat bislang das Ende ereilt.
Vergangene Woche wurden die Gründe für die Verschiebung der Räumung des IvI bekannt: Das Landgericht Frankfurt hat das eigene Urteil zum 7. März vorerst ausgesetzt, um die Beschwerde des emeritierten Professors für Politikwissenschaft Joachim Hirsch zu prüfen. Er legte Einspruch gegen das Urteil des Landgerichts ein, in dem das IvI als eine GbR adressiert wurde. Frühestens am 19. April soll nun entschieden werden, ob Hirsch überhaupt als Prozessteilnehmer zugelassen wird. Die Chancen stehen eher schlecht, aber bis zu diesem Termin dürfte das Gebäude im Kettenhofweg wohl nicht geräumt werden.

Im IvI glaubt kaum noch jemand, dass das Institut in dem denkmalgeschützten Gebäude des Architekten Ferdinand Kramer bleiben könne. Für Alternativen zeigen sich die Besetzerinnen und Besetzer aber aufgeschlossen. »Wenn die Zukunft des Projektes in einem Ersatzobjekt gesichert wäre, würden wir das Gebäude im Kettenhofweg freiwillig verlassen und in das Ersatz­objekt umziehen. Wir wollen das Institut auf jeden Fall weiter betreiben und weiterhin die Entwicklung von Stadt und Universität kritisch begleiten«, sagt Oliver Sonnenschein, ein Sprecher des IvI.
Bislang fand sich im Frankfurter Rathaus keine ausreichende Unterstützung für ein solches Vorgehen. SPD, Linkspartei und die Europaliste für Frankfurt/Piraten beantragten in der Stadtverordnetenversammlung gemeinsam, dass der Magistrat Verhandlungen mit dem IvI aufnehmen und eine geeignete städtische Liegenschaft anbieten solle. Die Zusammenarbeit dieser Parteien ist keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Novum, das die Bedeutung des IvI zeigt. Die schwarz-grüne Mehrheit lehnte den Antrag jedoch ab, und gerade von den Grünen sind die Besetzerinnen und Besetzer enttäuscht. »Die Grünen haben uns anfangs noch Unterstützung zu­gesichert, aber wir haben uns inzwischen damit abgefunden, dass die alten Spontis und ihre Nachfolger ihren Koalitionspartner nicht wegen uns verärgern wollen«, sagt Shoshana. Auch das Liegenschaftsamt hat keine guten Nachrichten für das Institut. Leiter Alfred Gangel sagte der Welt, dass es wohl keine Möglichkeit gebe, dem IvI einen alternativen Ort anzubieten. Er begründete dies unter anderem damit, dass nicht genügend Leerstand in Frankfurt bestehe.

Einige Sympathisantinnen und Sympathisanten des IvI sehen das offenbar anders. Am 23. März besetzten etwa 20 Personen ein Haus, die Kleine Wiesenau 1. Die Besetzer von der ­»Initiative für gemeinsames Leben« riefen das Motto »Lachen statt leer, Musik statt Maloche« aus. Ihnen zufolge liegt der Leerstand in Frankfurt bei zwei Millionen Quadratmetern. Nach drei Stunden wurde die Besetzung friedlich aufgelöst. Zur gleichen Zeit fand im Frankfurter Stadtzentrum eine »Theorie-Praxis-Party-Parade« statt, während der die »IvI-Weltherrschaft« gefordert wurde. Die Kurzzeitbesetzer der Kleinen Wiesenau 1 schlossen sich der Parade an. Die Weltherrschaft konnten sie auch gemeinsam nicht an sich reißen.