Unsere Stadt

Nein, nein, nein! Es muss doch endlich mal Schluss sein, es muss dem endlosen Würgen des Regionalmarketings doch irgendein Riegel vorzuschieben sein! Ist Fulda nicht genug gestraft; hat dieses gott- und geistverlassene Nest, dieser von Jahrhunderten katholischer Stupidität in die völlige Verhärmung getriebene Urbanalbtraum, nicht genug gelitten? Die Bevölkerung, erst von Äbten ausgeplündert, dann von blasierten Sozialingenieuren zu »Multi-Jobbern« degradiert, kämpft heute rechtschaffen gegen den eigenen Kretinismus, gegen den vom zur Staatsreligion erhobenen Dauerinzest zerrütteten Gen-Pool; schleppt sich durch die eitergetränkten Straßen; versucht, im nagenden Schwachsinn unablässiger CDU-Propaganda wenigstens ein oder zwei Neuronen am Leben zu erhalten. Wer für die nordkoreanische Bevölkerung stille Tränen weint, darf sein Herz gegen Fulda nicht verhärten – und darf vor allem nicht dulden, dass diese ohnehin schon gebeutelten Menschen weiter gedemütigt werden durch jenen Spruch, den ihre grundkorrupten Stadtherren an alle Ortseingänge haben tackern lassen, als neuzeitliches »Lass alle Hoffnung fahren« dem Neuankömmling wie dem Fliehenden zur Mahnung, und den Parolen nordkoreanischer Willkürherrschaft nicht unähnlich: »Barock und Business – alles da. In Fulda.« Ja, es ist was zu holen, liebe Investoren! Nichts anderes bedeutet das nämlich: Wir harren der Ausbeutung, geschätzter Geldgeber; alles gehört unseren Meistern; die Bevölkerung ist naiv und verängstigt, die Altbauten topsaniert, unsere Herzen tot und aller Widerstand gebrochen. Muss erst »Eisenach – Toprendite und schwache Gewerkschaften« oder »So bestechlich ist nur Bremen« an den Bahnhöfen stehen, bis Steine fliegen?

Leo Fischer ist Chefredakteur des Satiremagazins Titanic.