I’m a Loser, Baby

Ein völlig unterschätztes Mittel werberischer Sprache ist offensive Behäbigkeit, Verschlafenheit, Putzigkeit. Reklame muss im Kern immer anstacheln, und sei’s zum Kauf eines Produkts, das, wie Bier, Betten oder Sozialdemokratie, eher die Trägheit fördert. Dadurch bekommen einfache Qualitätsaussagen oft etwas Rührendes. So peitschte Anfang des Jahrtausends durchs Berliner Regional-TV ein Spot für den Berliner Theaterclub, an dessen Ende sich eine ältere Schau­spielerin ostentativ langsam zur Kamera umdrehte und dabei mit echter Inbrunst den beinah schönsten Satz der deutschen Sprache formulierte: »Der Berliner Theaterclub ist spitze!« Wem da das Herz nicht weich wurde, der hatte keines. Und wo ein Städtemonster wie Fulda sich mit dem monströsen Slogan »Barock und Business – alles da« aufbläht, heißt der Slogan der kleinen hessischen Gemeinde Lämmerspiel nach Augenzeugen ganz einfach: »Lämmerspiel ist toll!« Der Werbewert dieser Botschaften ist marginal und wird es übers schmählich Kultige nicht hinausbringen, doch kann sich das Hirn schier nicht satt sehen an ihnen – ganz ähnlich wie am Mond, den man einer alten kritischen Legende nach vor allem deswegen gerne ansieht, weil er – zumindest beim jetzigen Stand der Technik – werbefrei ist. Ein Experiment ins Lämmerspielende wagt der Schuhmacher Converse, der seine Stofflatschen mit dem Spruch »Shoes are boring – wear sneakers« feilhält. Es stimmt: Sneakers sind spitze! Und fast möchte man drauf reinfallen, wären die Converse-Jugendlichen nicht wieder so akribisch zerzaust, so perfekt verschwitzt, so makellos verlottert. Behäbigkeit lässt sich halt nicht künstlich herstellen. Dazu muss man wirklich faul sein.

Leo Fischer ist Chefredakteur des Satiremagazins Titanic.