Selbstkritik zuspitzen!

Wir Medienleute nehmen uns selbst ziemlich wichtig. Schließlich sind es Journalisten, die im Auftrag der Öffentlichkeit den Mächtigen auf die Finger schauen und auf selbige hauen, wenn sie Unsinn machen. Und das kommt bekanntlich recht häufig vor. Als selbsternannte Wächter schützen Redakteure wie Rechercheure Land und Leute vor der Willkür der Herrschenden. Auf dass es keiner wage, über die Stränge zu schlagen! Und wenn doch, dann sind es die Medien als vierte Gewalt im Staate, die diesen Missstand lauthals kritisieren. Die Presse als Kontrolleur – so soll es, so muss es in einer Demokratie sein.
So weit zum Thema Eigenlob und Selbstwahrnehmung nicht weniger Angehöriger einer nicht ganz unbedeutenden Zunft. Das Problem ist allerdings: Denjenigen, die tagaus, tagein kaum eine Gelegenheit auslassen, andere zu kritisieren, mangelt es offenbar an der Fähigkeit zur Selbstkritik. Diesen Verdacht legt zumindest eine vergangene Woche vorgestellte Studie des Erich-Brost-Instituts für internationalen Journalismus an der TU Dortmund nahe. Fast 1 700 Medienleute aus zwölf Ländern wurden dazu befragt, wie sie es mit Kontrolle und Regeln in den eigenen Reihen halten. Und siehe da, deutsche Journalisten scheinen recht empfindsame Wesen zu sein. Wir Sensibelchen nehmen zwar ständig Entscheidungsträger in die Mangel, sparen allerdings allzu oft mit Kritik an uns selbst und den Kollegen. Zudem steht es offenbar um Transparenz in den Verlagen und Sanktionen bei Fehlverhalten in den Redaktionen ziemlich schlecht.
Verwunderlich ist das schon. Denn auch Medienmacher sind nun mal nur Menschen. Folglich unterlaufen ihnen Fehler. Mal kleinere, mal größere. Aber zuzugeben, dass das so ist, fällt vielen schwer. Dabei gibt es immer wieder Gründe dafür, mit sich selbst hart ins Gericht zu gehen. Als zum Beispiel der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) Jagd auf Migranten machte und seine Blutspur durch Deutschland zog, sprachen nicht nur Ermittler, sondern eben auch Journalisten herablassend von »Döner-Morden«. Man hatte sich dieser Diktion – und ihrer Botschaft »So sind Türken eben« – völlig unreflektiert bedient. Eine Schande. Dennoch war von Reue später wenig zu vernehmen, als die Hintergründe bekannt wurden. Denn als sich zeigte, dass die Sicherheitsbehörden bei der Verfolgung des NSU eigentlich alles falsch gemacht hatten, konnten die Journalisten gleich wieder in die Offensive gehen – und die Versäumnisse der anderen anprangern.
Können Medien Fehlleistungen in der Berichterstattung vermeiden? Allenfalls, indem sie wirklich alles kritisch in Frage stellen. Vor allem das eigene Handeln, also sich selbst. Und dies möglichst gewissenhaft.