Über den möglichen Wechsel von Mario Gomez

Warum Gomez gehen sollte

Drei Günde für den und einige Gedanken zum möglichen Wechsel von Mario Gomez

Mario Gomez kann es immer noch. Drei Tore in sechs Minuten – das hat außer Carsten Jancker, der 1997 bloß fünf Minuten dafür gebraucht hatte, bisher keiner geschafft. Und womöglich hätte Gomez noch viel öfter getroffen, wäre da die Verletzung am Sprunggelenk zu Beginn der Saison nicht gewesen und hätte ihn sein kroatischer Teamkollege daraufhin nicht aus der Stammelf verdrängt.
Mario Gomez trifft auch immer noch. Allerdings »nur« gegen Wolfsburg in Bundesliga und nicht etwa gegen Juve wie Mario Mandžukić – und das möglicherweise aus dem Grund, dass er einfach nicht mehr gesetzt ist –, woraufhin ihn die Welt zum »prominentesten Bankdrücker« der Deutschen Bundesliga kürte. Nicht zuletzt deswegen verweist sein Berater auf die Möglichkeit eines Wechsels ins Ausland; selbst Franz Beckenbauer, der Mario Gomez bisher in allen Situationen Rückendeckung gab, schließt sich dem mittlerweile an. Beinahe jeder Verein auf dieser Welt würde ihn in die Stammelf stellen. Bloß nicht der FCB – der unfassbar starke Kader mit den Neuzugängen Mandžukić, Claudio Pizarro und Shaqiri macht es eben möglich. Gomez dürfte also gehen (müssen), und dafür gibt es drei Gründe. Der erste Grund hat gleich zwei Namen: Mario Mandžukić und Claudio Pizarro.
Mandžukić war bisher in beinahe allen Spielen der Garant für einen funktionierenden Spielaufbau, eine unterstützende Kraft, die Gomez so nie war. Er ist neben Sebastian Schweinsteiger und Franck Ribéry die Pressingmaschine schlechthin, also genau das, was den Bayern in der vorigen Saison fehlte. Von Anfang an war er der treffsicherere und spielfreudigere Mario gewesen, nicht zuletzt deswegen genießt er mittlerweile größeren Rückhalt in der Mannschaft. Und seine Stürmer-Rolle ist moderner als die eines typischen Abstaubers, wie Gomez eben einer ist.
Pizarro läuft gerade zur Höchstform auf, ist ein ähnlicher Spielertyp wie Mario Mandžukić, wenn auch weniger aggressiv im Zweikampf, aber mindestens ebenso treffsicher, wie er schon des Öfteren bewiesen hat, zuletzt vor allem gegen Juventus Turin im Rückspiel, nur wenige Minuten nachdem er eingewechselt wurde – für Mandžukić, aber statt Gomez. Heynckes lobt ihn schon sehr lange als den technisch besten Stürmer des FCB.
Der zweite Grund, warum Mario Gomez gehen sollte, heißt Robert Lewandowski. Auch wenn die Konstellation in Sachen Lewandowski rund um den BVB und den FCB einiges an Brisanz hat, so sind vier grundlegende Aspekte der Öffentlichkeit bereits bekannt. Lewandowski wird seinen Vertrag beim BVB nicht verlängern. Das Vertragsende ist auf 2014 datiert. Lewandowski wird nur gehen, falls bis zu einem bestimmten Datum ein Angebot eingeht und das in einer Höhe, die es wirtschaftlich lukrativer machen würde, ihn zu verkaufen. Und zu guter Letzt: Während Lothar Matthäus behauptet, er wisse aus sicherer Quelle, dass Lewandowski zum FCB wechseln wird, gibt Matthias Sammer lakonisch an, er könne »nur das sagen«, was er sagen könnte.
Darauf basierend ergeben sich drei mögliche Szenarien. Erstens, der FCB zahlt eine Ablösesumme, die den Vorstellungen des BVB entspricht. Hier werden Summen von 20 bis 30 Millionen Euro kolportiert. Ob und inwieweit auf beiden Seiten hierzu Bereitschaft besteht, ist derzeit nicht bekannt.
Zum zweiten: Der FCB präferiert einen ablösefreien Wechsel Lewandowskis zum Jahr 2014. In dem Fall wären dem BVB zwar die Hände gebunden, allerdings sind hier einige Punkte zu beachten. Ein ablösefreier Wechsel eines Spielers wie Lewandowski weckt Begehrlichkeiten bei sämtlichen Top-Teams. Damit droht dem FCB scharfe Konkurrenz. Außerdem geht dieses Szenario auch mit einem gewissen Risiko einher. Lewandowski spielt eine überragende Saison, in einem Jahr könnte, abgesehen von einer Formkrise, ebenfalls eine schwere Verletzung auftreten. Der FCB müsste noch eine gesamte Saison auf den Wunschspieler warten. Es bieten sich hier folglich ebenso viele Nachteile wie Vorteile. Ob Lewandowski in einem solchen Szenario ausschließlich den FCB als Wunschverein für seine weitere Zukunft sieht, ist reine Spekulation, so dass ein offener Schlagabtausch im Jahr 2014 durchaus möglich ist.
Das dritte Szenario: Lewandowski wechselt zum Sommer ins Ausland. Auch hier ist die Quellenlage noch recht dünn; in aktuellen Artikeln gibt es darauf nur wenige Hinweise.
Zum jetzigen Zeitpunkt hat sich weder der FCB noch ein ausländischer Verein aus der Deckung gewagt, so dass es derzeit möglich scheint, dass Lewandowski bis zum Vertragsende 2014 beim BVB spielen wird und es dann zu einem offenen Wettbieten interessierter Vereine kommt.
Ob Lewandowski nun dieses oder nächstes Jahr wechseln wird, für Gomez, der zurzeit eher Teil der »B-Mannschaft« ist und hinter Pizarro und Mandžukic nur einen Platz auf der Bank sicher hat, wäre es aus guten Gründen zu riskant, sollte »Lewa« am Ende doch beim FCB landen, woraufhin er tatsächlich nur noch Nummer vier wäre. Heynckes hebt nicht umsonst schon längere Zeit hervor, dass der FCB sich noch offensiv verstärken möchte, und spekuliert möglicherweise sogar auf einen Verkauf des schwächeren Mario, dessen Berater momentan zu Recht bemerkt, dass sein Talent nicht genügend Entfaltungsmöglichkeiten bekommt.
Der dritte und letzte – und vermutlich auch wichtigste – Grund für einen Abgang von Mario Gomez heißt Pep Guardiola. Guardiola, der im Sommer das Amt des Trainers beim FCB übernimmt, wird vermutlich versuchen, das Spielsystem von Barca, das derzeit als das zukunftsträchtigste gehandelt wird, bei Bayern zu implementieren, wie es Felix Bartels an dieser Stelle kürzlich analysiert hat (Jungle World 6/2013). Guardiolas Anweisungen werden auf eine Verbesserung des schnellen Passspiels hinauslaufen, ebenso wie die Defensivarbeit der Stürmer trainiert werden wird – zwei Dinge, die Mand­žukić bereits bestens beherrscht und für die sich Gomez aufgrund einer gegenüber dieser Taktik komplett indifferenten Spielweise nicht besonders eignet.
Es gibt also drei sehr gute Argumente für einen Wechsel von Mario Gomez. Zudem soll dessen Berater bereits einige Angebote erhalten haben, verschiedenen Quellen zufolge unter anderem auch von Atletico Madrid, wo Stürmerstar Radamel Falcao nicht weiterspielen möchte. Fakt ist: Neben Claudio Pizarro, der sich bisher auch mit seinem dauerhaften Platz auf der Bank begnügte, und dem Top-Torschützen Mandžukić, der den Dreierkampf bisher erfolgreich für sich entschied, wird für Gomez nicht mehr viel Platz sein – und bevor der derzeitige Torschützenkönig Lewandowski noch nach München zieht, sollte Gomez besser zu früh als zu spät den Verein verlassen haben. Ein Wechsel zum BVB im Tausch mit Lewandowski wäre jedoch für alle drei ein Verlust. Mario Gomez verdient beim FCB gut, als Lewandowski-Ersatz ist er allerdings zu laufschwach, und so viel Geld werden ihm die Bayern nicht auf seine Abfindung draufzahlen, dass sich das für Gomez dauerhaft lohnen würde. Abgesehen davon wird Dortmund sich nach Lewandowskis Abgang, der allerspätestens 2014 stattfinden wird, eher nach einem spielenden Stürmer suchen, und bevor der FC Bayern Spieler an seinen direkten Konkurrenten in der Bundesliga abgibt, wird Ronaldo de Lima Sportdirektor des SC Rapid Wien. Die Frage, die sich Heynckes bei der Stürmerwahl stellt, ist: Wer hilft der Mannschaft am meisten? Die Antwort lautet: derjenige, der den Spielaufbau des Gegners so früh wie möglich stört und der Mannschaft hinten beim Aufbau am meisten hilft. Kurz, derjenige, der am ehesten ein bisschen Mand­žukić sein kann.