Das Institut für vergleichende Irrelevanz ist geräumt worden

Bambule, Frankfurter Schule

Nach der Räumung des Instituts für vergleichende Irrelevanz wurde in Frankfurt täglich demonstriert.

Am Abend des 21. April ging die Nachricht über verschiedene Verteiler: Das Frankfurter Institut für vergleichende Irrelevanz (IvI) solle am nächsten Morgen geräumt werden. Alle Unterstützer wurden dazu angehalten, sich bis 4.30 Uhr vor dem Gebäude zu versammeln. Selbst Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) rief zu später Stunde noch beim Vizepräsidenten der Polizei, dem Gerichtsvollzieher und beim neuen Eigentümer des Gebäudes im Kettenhofweg 130 an, um die Räumung auszusetzen. Einen Tag vor dem Frankfurter Städtetag, eine Woche vor dem 1. Mai mit angekündigter Nazidemonstration und einen Monat vor den »Blockupy«-Protesten dürfte Feldmann klar gewesen sein, dass eine Räumung des IvI nicht zum Frieden in der Stadt beitragen würde, sein Eingreifen blieb aber wirkungslos. Um 8.17 Uhr begann die Polizei damit, erste Personen vor dem Gebäude wegzutragen, um 9.34 bestätigte der Polizeisprecher, dass das Gebäude geräumt sei.

Im Frankfurter Westend, wo vor über 40 Jahren die Hausbesetzungen in Deutschland ihren Anfang nahmen, ist nun auch das letzte besetzte Haus geräumt. In den darauffolgenden Tagen kam es täglich zu Demonstration mit bis zu 1 500 Teilnehmern, dabei wurden mehrere Demonstranten verletzt. Die Stimmung in der Stadt ist aufgeheizt. Einige berichten, dass Polizisten mit Faustschlägen gegen sie vorgegangen seien. Polizeiangaben zufolge wurde ein Auto mit zwei Beamten in Zivil von vermummten Personen angegriffen, die Polizisten ergriffen die Flucht. Der Sachschaden, der bei den Demonstrationen verursacht wurde, liegt bislang schätzungsweise im fünfstelligen Bereich. In rund einem Dutzend Städten fanden Solidaritätsdemonstrationen statt, darunter auch in Ankara und der schwäbischen Provinz. Oliver Sonnenschein, ein Mitarbeiter des IvI, ließ ausrichten: »Wir werden so lange weiter besetzen, bis die Stadt uns ein Ersatzobjekt anbietet.« Obwohl sich im Frankfurter Rathaus die SPD, die Linkspartei und die Europaliste für Frankfurt/Piraten für eine Lösung im Sinne der Besetzer aussprachen, scheiterten die gemeinsamen Anträge an der mangelnden Bereitschaft der Grünen, ihren Koalitionspartner CDU zu verärgern. Werner Müller-Esterl, der Präsident der Goethe-Universität, ließ am Tag nach der Räumung einen Rundbrief an die Studierenden versenden, in dem es heißt, es sei »parallel zu der Räumung eines ehemaligen Universitätsgebäudes zu gewalttätigen Aktionen gekommen. Der Schaden beläuft sich auf 100 000 Euro.« Da es sich beim Kettenhofweg 130 um den ehemaligen Sitz des Instituts für Anglistik und Amerikanistik handelt und das Gebäude unter Marktwert an die Franconofurt AG verkauft wurde, geben viele der Universitätsleitung die Schuld an der Räumung. Während einer studentischen Vollversammlung am Mittwoch voriger Woche wurden die Mensen und eine privat betriebene Caféteria geschlossen, wegen »Drohungen gegen unsere Einrichtung im Rahmen der aktuellen Demos«. Vor Bushaltestellen, die zur Universität führen, werden Personen kontrolliert und befragt, ob sie gewaltbereit seien. Rund um den Campus ist die Polizeipräsenz stark ausgeweitet worden.

Das IvI wurde auch im hessischen Landtag zum Thema. »Frankfurt braucht dieses angebliche Diskurszentrum nicht. Es ist ein Unterschlupf für linke Krawallmacher«, befand Innenminister Boris Rhein (CDU). Abgeordnete von Linkspartei und SPD plädierten vergeblich dafür, Verhandlungen mit den Besetzern aufzunehmen. Die Diskussion mündete in ein Wortgefecht zwischen Linken und Konservativen. Die Grünen im Landtag taten dasselbe, was ihre Frankfurter Kollegen bereits in den Monaten zuvor taten, nämlich gar nichts. Sie enthielten sich bei der Abstimmung darüber, ob Gespräche mit dem IvI aufgenommen werden sollen. In der FR schrieb Hanning Voigts in einem Kommentar zur Räumung: »Was sich dort abgespielt hat, mag juristisch in Ordnung sein. Politisch ist es eine Schweinerei.« Dem gibt es wenig hinzuzufügen, außer vielleicht noch, die Frankfurter Grünen an ihre Vergangenheit als Hausbesetzer zu erinnern.