Mehr als nur eine Straße

»Willkommen in der Silvio-Meier-Straße« hieß es auf dem Transparent, das einige Mieter der Gabelsbergerstraße im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg am Freitagmittag voriger Woche aus dem Fenster gehängt hatten. Wenige Stunden später war es dann soweit. Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) vollzog die Umbenennung in Anwesenheit zahlreicher Stadtteilpolitiker von den Grünen und der Linkspartei, aber auch Autonomer und junger Antifaschisten. Für eine explosive Stimmung sorgte dieses Mal nur ein aufziehendes Gewitter, das den Festakt zur Straßenumbenennung verkürzte. So hat die mehrjährige Debatte um ein würdiges Gedenken an den DDR-Oppositionellen Silvo Meier, der am 21. November 1992 von Neonazis im U-Bahnhof Samariterstraße erstochen wurde, ein Ende. Der Beschluss zur Umbenennung der Straße war im April 2012 auf einer Bürgerversammlung im Stadtteil mit großer Mehrheit gefasst und vom Bezirksparlament bestätigt worden. Der Betreiber eines Gothic-Ladens in der Straße hatte aus wirtschaftlichen und politischen Gründen vergeblich dagegen geklagt. Dass auch im ehemaligen Freundeskreis von Meier über den Straßennamen heftig diskutiert wurde, wird auf einer mit »Flora und Fauna gegen den Rassismus« überschriebenen Wandzeitung, die in der Umgebung aufgehängt wurde, ausführlich dokumentiert. Manche seiner ehemaligen Freunde sind nun in der Mitte der Gesellschaft angekommen und würden Meier gerne nachträglich dort anzusiedeln. Andere sind so linksradikal geblieben, wie es Meier bis zu seinem Tod war. Schon in der DDR setzte er sich für einen libertären Sozialismus und nicht für ein Großdeutschland ein. Seine alten und jungen Mitstreiter treffen sichregelmäßig zum Jahrestag seiner Ermordung zur Silvio-Meier-Demonstration. Die wird nun in sieben Monaten erstmals von der Silvio-Meier-Straße ihren Anfang nehmen. Schließlich sind die Rechtspopulisten und Rassisten nicht verschwunden.