Fortzusetzen

Deutschlands prominentester Abwurfplatz für Diskurspakete aller Art und Größe, das Wissenschaftsprogramm des Suhrkamp-Verlags, gilt mit Recht als zuverlässig progressiv. Eher als Adorno und Horkheimer selbst waren dort seit jeher deren geistig flexible Um- und Weiterdenker beheimatet, die im Nachklang der Studentenbewegung mit sporadisch nachgestelltem »sich« auf die Jagd nach Lehrstühlen für Akademiemarxismus gingen. Ihnen folgten Staatssekretäre für effizienten Kommunikationsverschleiß à la Habermas, leutselig lallende Sprachpragmatiker in halluzinierter Wittgenstein-Nachfolge, systemtheoretisch upgedatete Automatensubjekte, die sich Luhmann-Schüler nannten, und die Phalanx der Kultur-, Medien-, Gender-, Inter-, Performanz- und Transtheoretiker, die mehr Papier produzieren, als alle Uniklos der Republik zusammen verbrauchen können. Schön also, dass Suhrkamp mit dem Band »Notizen« nun endlich ein nicht nur schmales und günstiges, sondern auch völlig leeres Buch veröffentlicht, in das jeder schreiben kann, was er will. Zu hoffen bleibt, dass der ansprechende, handliche und ungemein lesbare Band den Auftakt einer ganzen Reihe bildet, in der bald auch die Werke von Giorgio Agamben, Slavoj Žižek, Judith Butler, Martin Seel, Dirk Baecker und anderen Knall- und Schnarchtüten der transnationalen Diskursgemeinschaft dem interessierten Publikum als konstengünstige Leerbücher zugänglich gemacht werden. Solche Veröffentlichungen helfen nicht nur, Lesen als produktiven Akt zu begreifen, sondern fördern auch das Bewusstsein für das, was uns fehlt.

Notizen. Suhrkamp-Verlag,
Berlin 2013, 144 Seiten, 4,90 Euro