Angler sind eine Zumutung

Messer, Rheuma und Promille

Angler ahnen nicht einmal, was für eine Zumutung sie sind.

Angler also. Und nein, es geht gar nicht mal um das, was in Norwegen als deutsches Anglertum berüchtigt ist, nämlich Leute, die in Wohnmobilen angereist kommen, die bis zum Dach mit Lebensmitteln und Zubehör vollgestopft sind (damit man an Ort und Stelle nicht auch nur eine Øre ausgeben muss). Und die einen geräumigen Kühlanhänger dabei haben, in dem die im Akkord gekillten Fische untergebracht werden, bis sie zu Hause zu Höchstpreisen verkauft werden können. Es geht um ganz normale Angler. Aber gegen die kann man doch gar nix haben?

Um die Frage, die man zum Angeln an sich stellt, zu beantworten, muss man sich nur vorstellen, wie es aussähe, wenn Angler die Weltherrschaft übernehmen würden. Gut, es gäbe dann viel frischen Fisch, aber ansonsten wäre alles ziemlich schaurig. Und blutig. Und stinkend. Und voller Rheuma. In einer Welt according to Anglers wäre es vor allem sehr ruhig, jedenfalls in der Nähe von Gewässern, denn Fische und damit auch die sie fangen Wollenden mögen keine Geräusche außer plätscherndem Wasser (und wahrscheinlich auch dem, das Entenfüßchen machen, wenn sie durch Seen und Flüsse pflügen). Wer es jemals gewagt hat, sich beim Spaziergang an irgendeinem Ufer in gemäßigter Lautstärke zu unterhalten oder, schlimmer noch, auf irgendeinen Zweig zu treten, weiß, wie empfindlich die Fischmörder sein können – dass sie zudem noch bewaffnet sind und im Umgang mit ihren Messern sehr geübt, macht die bösen Blicke, die sie bei jedem unbefugten Wort aussenden, gleich auch noch ein bisschen gruselig.
Überhaupt, gruselig. Wirklich schön anzusehen ist nichts von dem, was Angler gewohnheitsmäßig treiben. Das beginnt mit der Kleidung, die gleichzeitig von enormer Praktischkeit (etwas zutiefst Verachtenswertes, wenn es um Anziehsachen geht, jedenfalls, solange man auf rheumagerechte Schuhe und ähnliches Zeugs verzichten kann, aber zum Punkt Rheuma kommen wir später noch) und ausgesprochener Gruseligkeit ist. Denn natürlich sind lange Plastikhosen und Gummistiefel nicht nur dazu da, dass ihre Träger nicht nass vom Wasser werden, sondern eben auch dazu, dass die Fische sie beim Geschlachtetwerden nicht vollbluten können. An einer abgelegenen Stelle in freier Natur von jemandem, der nicht nur scharfe Messer besitzt, sondern auch noch so angezogen ist, dass keinerlei Genmaterial an ihm haften bleiben würde, böse angeguckt zu werden, ist nichts, das man öfter erleben möchte.
Weswegen Angler auch nur ganz selten ausgelacht werden, obwohl sie es sehr verdient hätten. Wegen Doofdasitzens zum Beispiel. Während der Rest der Menschheit es sich, ob nun am Wasser oder nicht, gern in eigens dafür erfundenen transportablen Möbeln wie Liegestühlen oder auf Luftmatratzen gemütlich macht, hocken Angler auf sehr eigenartigen Klappstühlchen, die nicht nur erstaunlich häufig bundeswehrfarben sind, sondern auch noch ganz furchtbar wackelig. Warum man zum Fischefangen auf einem mit vielen Täschchen und Extrazubehör versehenen Dings balancieren muss, ist unklar, vielleicht mag die Spezies einfach nur den Gedanken, ein wildes und gefährliches Leben zu führen, denn schließlich könnte der ganze Kladderadatsch jederzeit zusammenbrechen und der Angler ins Wasser fallen, wo vielleicht schon große Mengen rachsüchtiger Fische auf ihn warten. Möglicherweise ist das dauernde Gekippel aber auch wichtig, um die schwummerige Wirkung des Biers auszugleichen, das während des Plastikschnur-mit-Zeugs-dran-ins-Wasser-Haltens getrunken wird. (Das macht jetzt übrigens böserblicktechnisch einen Grund mehr, sich Sorgen zu machen, nämlich Messer, mordgerechte Kleidung und Promille.)

Womit wir endlich beim Rheuma sind. Das wird durch Feuchtigkeit begünstigt, wozu bestimmt auch der Schweiß zählt, in dem ein Angler sich in seinem Plastikanzug bereits nach wenigen Minuten badet. Und durch Alkohol auch. Oder war das Gicht? Egal, fest steht: Angeln ist sehr gesundheitsschädlich, zumal dieses Nichtreden auf Dauer auch nicht gut sein kann.
Aberaberaber, die viele frische Luft, und das meditative Element? Wird alles durch den Gestank nach Fischblut und -eingeweiden überlagert, der den Ort, an dem Angler ihrem Hobby nachgehen, umwabert. Fische sterben nämlich nicht einfach so, indem sie aufgeben und so lange die Luft anhalten, bis sie tot sind, sondern müssen erst erschlagen und dann aufgeschlitzt werden, was auf Kais und Brücken, vor allem solchen aus Holz, dazu führt, dass Spaziergänger durch sehr unschön rutschigen Glitschmatsch waten müssen. Sich bei den Verursachern über diese Zumutung zu beschweren, wagen allerdings aus den oben angeführten Gründen nur die wenigsten, weshalb Angler vermutlich nicht einmal ahnen, was für eine Zumutung sie sind. Schade eigentlich.